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Kurzarbeit wegen Corona : „Damit kommen die Leute nicht lange über die Runden“

  • -Aktualisiert am

Auch bei VW werden die Werke für eine gewisse Zeit geschlossen. Bild: dpa

Die Gewerkschaften schlagen Alarm und fordern Hilfe für Millionen Beschäftigte. Kurzarbeitergeld reiche „vorne und hinten“ nicht. Im Zweifel sei der Staat gefordert.

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          Die Vorsitzenden von IG Metall und Verdi, Jörg Hofmann und Frank Werneke, rufen nach einem finanziellen Hilfsprogramm für die etlichen Millionen Beschäftigten, deren Arbeit ruht. „Die massive Liquiditätshilfe für Unternehmen war goldrichtig und dringend nötig, dafür kann man die Regierung nur loben“, sagen die beiden Gewerkschaftsbosse. „Jetzt geht es aber darum, auch die Haushalte der Beschäftigten zu sichern, die Politik muss die soziale Balance im Auge behalten.“ Fabriken, Geschäfte und Gaststätten sind geschlossen, etliche Millionen Leute sitzen zuhause, für sie hat die Bundesregierung die Regeln für Kurzarbeit ausgeweitet, wie schon in der Finanzkrise praktiziert. Die finanzielle Ausstattung kritisieren die Gewerkschafter jedoch als unzureichend: „Damit kommen die Leute nicht lange über die Runden.“

          60 Prozent des letzten Nettogehalts erhalten Kurzarbeiter ohne Kinder, ansonsten fließen 67 Prozent. „Das reicht vorne und hinten nicht, wenn in Familien eh schon jeder Cent verplant ist“, sagt Jörg Hofmann. „Millionen Beschäftigten droht, dass sie zusätzlich Sozialleistungen beantragen müssen“, ergänzt Frank Werneke. „Das ist unverantwortlich.“ Gefordert sehen die beiden nun die Arbeitgeber und im Zweifel den Staat. In Nordrhein-Westfalen hat die IG Metall am Freitag vereinbart, dass die Unternehmen das Kurzarbeitergeld vorübergehend auf 80 Prozent des letzten Nettolohns aufstocken können. „Die Lösung trägt aber nur für zwei oder drei Monate“, sagt Hofmann. Und vor allem: Die von ihm ausgehandelte Vereinbarung gilt nur für tarifgebundene Unternehmen, und das auch nur in der Metall- und Elektroindustrie. Betroffen ist aber mehr oder weniger die gesamte deutsche Wirtschaft, etliche Millionen Beschäftigte mehr; als erstes die Angestellten in Handel, Gastronomie, Freizeiteinrichtungen.

          „Wir brauchen eine zwingende Verpflichtung der Arbeitgeber“

          Im Unterschied zur Krise 2008/9, wo selten die gesamte Arbeitszeit ausfiel, ruht die Arbeit in Zeiten der Pandemie fast vollständig, „auch in Branchen, wo es noch nie in der Geschichte Kurzarbeit gab“, wie Verdi-Chef Werneke sagt - wo dementsprechend auch keine tariflichen Regeln dafür existieren. Die Beschäftigten fallen deshalb im Zweifel auf die 60 Prozent vom Nettogehalt zurück, was besonders in mäßig bezahlten Berufen schmerzt, etwa im Handel mit seinen drei Millionen Beschäftigten. „Viele arbeiten da Teilzeit zu eh schon geringen Löhnen, da reichen 60 Prozent Kurzarbeitergeld nicht zum Überleben“, sagt Verdi-Chef Werneke.

          Große Industriekonzerne, etwa die Autohersteller, mildern die Schwierigkeiten für ihre Kurzarbeiter spürbar ab, im Dienstleistungsgewerbe sieht die Lage anders aus. „Einzelne Arbeitgeber stocken das Kurzarbeitergeld auf 100 Prozent der Bezüge auf, die große Mehrheit der Unternehmen aber nicht“, sagt Frank Werneke. Er fordert, dass die Arbeitgeber das weitergeben, was ihnen an Sozialbeiträgen für Kurzarbeiter erlassen wird: „Das wären schon mal 20 Prozent mehr Kurzarbeitergeld.“ Um dies durchzusetzen, rufen die Gewerkschafter den Staat zur Hilfe.

          „Wir brauchen eine zwingende Verpflichtung der Arbeitgeber, zumindest die eingesparten Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung an die Arbeitnehmer weiter zu reichen“, sagt IG Metall-Chef Hofmann. Und dies schnell, fügt er an, sonst sacke der Lebensstandard von einem Moment auf den anderen ab, mit entsprechenden Konsequenzen für die Volkswirtschaft. „Fällt das Einkommen einmal aus, ist es weg. Da wird nichts nachgeholt. Damit fehlt das Geld auch für den Konsum aus, was die Rezession nochmal massiv verschärft.“

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