
Containern : Übersättigte Gesellschaft
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Containern bleibt weiterhin strafbar. Bild: dpa
In Deutschland bleibt es weiterhin strafbar, Lebensmittel aus dem verschlossenen Abfallcontainer eines Supermarktes zu entwenden. Das setzt kein gutes Signal bei der Frage, wie die Berge von verschwendeten Lebensmitteln kleingehalten werden können.
Das „Containern“ gehört zu den unsinnigsten Delikten, die das deutsche Strafrecht zu bieten hat. Trotzdem müssen sich Staatsanwälte und Gerichte immer wieder damit befassen, dass Menschen in die Müllcontainer von Supermärkten eintauchen, um guterhaltene Lebensmittel vor der Entsorgung zu retten. Das ist in Deutschland grundsätzlich strafbar, auch wenn es nur darum geht, Lebensmittelverschwendung anzuprangern oder für eine bessere Verteilung zu sorgen.
Auch das Bundesverfassungsgericht hat dem nun seinen Segen gegeben – weil es nicht anders kann. Willkürlich sei die Strafverfolgung in diesen Fällen nicht, alles andere muss schon der Gesetzgeber erledigen. Die Haltung ist verständlich, schließlich müssen die Richter nicht jedes Berliner Versäumnis aus dem Weg räumen, auch wenn sie selbst Zweifel an der Sinnhaftigkeit haben.
Nun mangelt es nicht gerade an Initiativen, diese Beschäftigungsmaßnahme für unausgelastete Strafverfolger zu beenden. Hamburg ist jüngst mit einer solchen im Bundesrat gescheitert – übrigens auch daran, dass das Problem als zu marginal angesehen wird, um es aus dem Weg zu räumen. Das Bundesjustizministerium verweist darauf, dass es für die strafrechtliche Bewertung immer auf alle Umstände ankomme; es müsse schon einiges dazukommen, damit die Sache tatsächlich als strafbar gilt. Das mag in der Gesamtbetrachtung beruhigen, hilft den beiden verurteilten Frauen in dem Fall vor dem Bundesverfassungsgericht aber nicht weiter. Man darf getrost daran zweifeln, dass hier das Strafrecht nur als „Ultima Ratio“, also als das letzte verbleibende Mittel, eingesetzt wird, auch wenn das Verfassungsgericht klarstellt: Wirtschaftlich wertlose Sachen dürfen geschützt werden.
Das Strafrecht darf nur wohldosiert eingesetzt werden, und dies bleibt nun weiterhin Staatsanwaltschaft und Gerichten überlassen. Das setzt kein gutes Signal bei der Frage, wie die Berge von verschwendeten Lebensmitteln klein gehalten werden können. Nun ist es nicht in erster Linie Aufgabe des Staates, dafür zu sorgen, dass Unternehmen und Privatleute sorgfältiger mit Nahrungsmitteln umgehen. Das sollte schon jeder selbst tun. Aber er sollte dieses Symbol einer übersättigten Gesellschaft nicht auch noch mit der Keule des Strafrechts schützen.