Chips Act : EU-Parlament bläst zur Aufholjagd bei Chipfertigung
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Die Bagger in Magdeburg stehen schon bereit: Intel aber wartet noch auf grünes Licht für die Fördermilliarden Bild: dpa
Die Weichen für den europäischen „Chips Act“ sind gestellt. Damit wird auch der Weg für Staatshilfen in Milliardenhöhe für neue Halbleiterfabriken frei. Das EU-Parlament will zudem den Export von Fachwissen nach China unterbinden.
Die Diskussion über die europäische Antwort auf das amerikanische Milliardenprogramm für grüne Technologien ist in vollem Gange. Bei der Förderung der Chipindustrie ist derweil eine Vorentscheidung gefallen. Der Industrieausschuss des Europaparlaments hat sich am Dienstag in Brüssel mit großer Mehrheit hinter den vor einem Jahr von der Europäischen Kommission vorgeschlagen „EU Chips Act“ gestellt und so den Weg für Staatshilfen in Milliardenhöhe für neue Halbleiterfabriken frei gemacht. Der US-Konzern Intel hat den Bau einer Fabrik in Magdeburg ebenso daran geknüpft, dass die EU dafür ihre Beihilferegeln aufweicht, wie der taiwanesische Konzern TSMC , der den Bau eines Werks in Dresden in Aussicht gestellt hat.
Die Europaabgeordneten wollen die Hilfen aber nicht auf solche Großprojekte beschränken. Sie sprechen sich für eine Ausweitung des Anwendungsbereichs aus. Die Staatshilfen sollen – anders als von der Kommission in den Vordergrund gestellt – nicht nur in die Förderung moderner Chips kleinster Strukturgrößen fließen, sondern auch in herkömmliche „Industriechips“ aller Größen. Das hatte die deutsche Industrie gefordert. Voraussetzung dafür ist, dass zumindest der Produktionsprozess innovativ ist – etwa weil wenig Energie oder Wasser verbraucht wird.
Antwort auf USA und China
„Das ist ein guter Tag für die EU-Industriepolitik, denn vom Chips Act werden viele profitieren: potenziell alle innovativen Betriebe – groß und klein – der Halbleiterwertschöpfungskette und auch die bereits geplanten Großprojekte in einigen Mitgliedstaaten“, sagte die Abgeordnete Henrike Hahn (Grüne). Europa habe im Handelskrieg um die Chip-Industrie zwischen den USA und China bisher bestenfalls an der Seitenlinie gestanden, sagte Tiemo Wölken (SPD): „Mit dem Chips Act kommt jetzt der Startschuss für den Reboot des Halbleiterstandorts Europa.“
Die EU will mit dem Chips Act ihren Anteil an der Chipproduktion auf der Welt auf 20 Prozent steigern. Das entspricht in einem wachsenden Markt dem Vierfachen der heutigen Produktion. Sie reagiert damit nicht zuletzt auf die Lieferengpässe nach dem Ende der Corona-Krise, die etwa die Autoproduktion teils stark beeinträchtigten. Das europäische Chipsgesetz ist jedoch auch eine Reaktion auf die Programme von USA und China zur Förderung der Chipfertigung.
Die EU will dafür 43 Milliarden Euro an Hilfen bereitstellen. Der Großteil davon ist allerdings „altes Geld“ aus Programmen von EU und Staaten, die längst angekündigt waren. Die USA haben ihren „Chips Act“ hingegen mit 50 Milliarden Dollar an „frischem Geld“ ausgestattet.
Das Europaparlament dringt darauf, dass zumindest die 3,2 Milliarden Euro aus dem EU-Budget neu finanziert werden und nicht auf Kosten bestehender Programme gehen. Es fordert zudem ein Exportverbot für europäisches Fachwissen, um die heimische Halbleiterwirtschaft vor Industriespionage zu schützen. Der Transfer in Drittstaaten wie China soll selbst nach einem Kauf eines europäischen Konzerns nur unter strikten Bedingungen möglich sein.
Bevor der EU Chips Act in Kraft treten kann, muss sich das Europaparlament mit dem Ministerrat der Staaten auf eine gemeinsame Position einigen. Das soll bis Sommer geschehen. Die Mitgliedsstaaten waren zuletzt ebenfalls dagegen, die Förderung auf modernste Chips zu beschränken.