Computermesse Cebit : Digitalisierung zum Anfassen
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Die Wirtschaft steckt in einem historischen Umbruch. Ohne das „Internet der Dinge“ oder die „Industrie 4.0“ soll bald nichts mehr laufen. Doch viele können mit diesen Begriffen wenig anfangen.
Selten zuvor war die Welt der Wirtschaft so unsicher und gleichzeitig so euphorisiert wie heute. Das hat mit drei Schlagwörtern zu tun: Digitalisierung, Internet der Dinge, Industrie 4.0. Erst begannen Konzerne wie Apple, Microsoft oder Amazon, auf den Konsummärkten in aller Welt ihre Claims abzustecken. Jetzt machen sich traditionelle Industriecluster in Amerika, Europa und Asien daran, mit Milliardensummen ihre Produktionsstrecken, Betriebe und Fabriken neu zu organisieren. Klar ist: Klassische Wirtschaftszweige wie Auto- oder Maschinenbau, Chemie oder Pharma stehen damit vor völlig neuen Herausforderungen und Chancen. Maschinen sprechen mit Maschinen, Fabriken werden quasi zu riesigen Computern, Daten zum wichtigsten Rohstoff der Zeit.
Ohne Software dreht sich bald kein Rad mehr, ohne Sensoren verlässt schon heute kein Auto ein Fließband. Flugzeuge und Züge steuern sich wie von selbst, Roboter werden mehr als nur Maschinen sein. Datennetze sind mittlerweile zu den lebenswichtigen Arterien hochentwickelter Gesellschaften geworden. Künftig wird über sie alles mit allem und jedem verdrahtet, vernetzt und verbunden. Die Wirtschaft tickt im binären Code. Es geht um Millionen Arbeitsplätze und die Industrie von morgen, um Wohlstand und Sicherheit. Deutschlands Wirtschaft sieht sich gut im Rennen. Siegfried Russwurm, Vorstand der Siemens AG, sagt: „Dank der Digitalisierung steuern wir auf eine Industrie zu, in der die Kombination von Prozessverständnis und Daten in globalen Wertschöpfungsnetzwerken eine wesentliche Rolle spielt. Mit dem Wissen über unsere Branchen und dem Prozessverständnis werden aus Daten Informationen mit Wert erzeugt. Damit eröffnen sich für Deutschland als Exportweltmeister neue Chancen, die wir konsequent nutzen werden.“ Siemens ist einer der größten Technologieanbieter, seine Software-, Steuerungs- und Automatisierungssysteme laufen in aller Welt.
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Bernd Leukert, Vorstand von SAP, meint: „Das industrielle Internet ist das nächste große Ding.“ Europas größtes Softwarehaus hat sich in den vergangenen Jahren fit für die anstehenden Umwälzungen gemacht. Es hat für mehr als 20 Milliarden Euro Unternehmen zugekauft, hat sich zu einem der größten Anbieter von zentralen Datendiensten (Cloudcomputing) entwickelt und bietet eines der derzeit wohl schnellsten Datenbanksysteme auf dem Markt an. Hatte das Unternehmen einst Computerprogramme zur Steuerung und Verwaltung von Kundenfirmen im Blick, versucht es nun - wie andere auch - mit seiner Software den Einzug in die Produktion.
Die gesamte IT-Branche ist angesichts der anstehenden Nachfrage aus den klassischen Industrien im Umbruch. Amerikanische Anbieter richten sich neu aus: Hewlett-Packard spaltete sich gerade auf. IBM sucht neue Horizonte und investiert Milliardenbeträge in das Geschäft mit digitalen Inhalten. Oracle baut sich vom Datenbank- und Software- zum IT-Dienstleistungsanbieter auf. Chinesische IT-Anbieter drängen mit viel Geld auf die westlichen Märkte. Lenovo und Huawei haben hier bereits Fuß gefasst, mischen mit ihren Technologien in den vordersten Reihen der Branche mit und statten Zehntausende Unternehmen in aller Welt mit Computern und Netzwerken aus.
Präsentation in die Zukunft
Die Deutschen werden dem nicht nachstehen, sagt Siemens-Vorstand Russwurm. „Die Digitalisierung eröffnet uns deutschen Unternehmen ein neues, wichtiges Wachstumsfeld. Bei Siemens erwarten wir uns hier ein durchschnittliches jährliches Wachstum von bis zu 9 Prozent. Bei digitalen Services rechnen wir mit einem Marktwachstum von 15 Prozent. Ich gehe sogar davon aus, dass es deutlich höher ausfallen wird.“ Neue Ziele brauchen neue Wege. „Es geht hier und jetzt darum, den Rahmen abzustecken“, sagt Russwurm mit Blick auf die kommenden Wochen und Monate. „Als international agierendes Unternehmen helfen Siemens beispielsweise keine deutschen Standards, auch keine europäischen, sondern globale Normen und Regeln. Deshalb müssen wir an einem Tisch sitzen und unsere Ziele gemeinsam voranbringen.“