Baustart von CATL-Fabrik : Wie verändert ein chinesischer Weltkonzern eine Kleinstadt in Thüringen?
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Bauplatz für die CATL-Batteriefabrik in Arnstadt Bild: Matthias Lüdecke
Auf einer Fläche von rund 84 Fußballfeldern sollen bis zu 2000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Arnstadt ist ein 28.000-Einwohner-Ort. Dort soll eine der größten Fabriken für Batteriezellen in Europa entstehen. Und die Arnstädter fragen sich: Schaffen wir das?
Noch ist da nicht mehr als ein großer Acker. In der Ferne kurven einige Bagger darauf herum, graben sich in die vom Herbstregen aufgeweichte Erde. Krähen kreisen über dem Gelände, das Arbeiter sorgsam mit Metallzäunen abgesperrt haben. Kein Schild verrät, was auf dem Areal am Rand der thüringischen Gemeinde Arnstadt entstehen soll. Dabei handelt es sich um eine Investition, wie es sie in Deutschland noch nicht gegeben hat.
Das chinesische Unternehmen CATL, der größte Produzent von Batteriezellen für Elektroautos auf der Welt, will hier, eine halbe Autostunde von Erfurt entfernt, ein Werk bauen. Das erste außerhalb seines Heimatlandes. 60 Hektar Land, eine Fläche von rund 84 Fußballfeldern, hat sich der Konzern dafür gesichert. Am 18. Oktober ist Spatenstich, Ende 2021 sollen die ersten Batteriezellen in Arnstadt entstehen.
Die Investition von Contemporary Amperex Technology – so der offizielle Firmenname – wurde im Sommer vergangenen Jahres im Rahmen der deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen verkündet. Damals war erst von einem Investitionsvolumen von 240 Millionen Euro die Rede. Doch seitdem ist viel passiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzte ein Klimakabinett ein, die Fridays-for-Future-Bewegung eroberte die Straßen. Stand das Kapitel zum Klimaschutz im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD im März 2018 noch weit hinten – und hatte nicht einmal zehn Seiten –, redet die Politik über kaum noch ein anderes Thema.
Autoindustrie braucht dringend mehr Elektroautos
Jeder Bereich in der Wirtschaft, so viel ist klar, wird seine Emissionen deutlich reduzieren müssen, wenn Deutschland wie geplant 2050 klimaneutral sein will. Vor allem für die erfolgsverwöhnte deutsche Autoindustrie bedeutet das massive Veränderungen. Sie braucht dringend mehr Elektroautos. Und die brauchen Batteriezellen. So kommt es, dass CATL sein Investitionsvolumen immer weiter aufgestockt hat. 1,8 Milliarden Euro sollen jetzt in die Fabrik fließen, es soll die größte dieser Art in ganz Europa werden. Die Frage ist: Was macht so eine große Investition mit einer kleinen Stadt wie Arnstadt?
Noch kann man sich schwer vorstellen, wie das einmal aussehen wird. Auf der einen Seite das riesige Werk auf der dann nicht mehr grünen Wiese. Auf der anderen Seite die beschauliche 28.000-Einwohner-Stadt mit ihrem Marktplatz, den vielen Fachwerkhäusern und Kopfsteinpflastergassen. Dort, mitten in der Altstadt, liegt das Büro von Frank Spilling. Der 47-Jährige ist seit anderthalb Jahren Bürgermeister der Stadt, was auch ohne die CATL-Investition schon eine Herausforderung ist.
Sieben Fraktionen sind im Stadtrat vertreten. Bei der Gemeinderatswahl im Mai dieses Jahres bekam die Initiative „Pro Arnstadt“ mit 24,7 Prozent die meisten Stimmen, gefolgt von der AfD und der CDU. Spilling selbst war mal Mitglied in der CDU, aber das ist lange her. „Heute hilft es eher, wenn man parteilos ist“, sagt er. „Auch wenn das eigentlich schlecht ist für die Demokratie.“ Was er als Erstes gemacht hat, als er davon hörte, dass die Wirtschaftsförderer der thüringischen Landesregierung CATL nach Arnstadt gelockt haben? „Ich hab gegoogelt.“