Gemeinsame Schuldenaufnahme : Bundesverfassungsgericht weist Eilantrag gegen Corona-Aufbaufonds ab
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Frankreichs Präsident Macron und Bundeskanzlerin Merkel auf der Pressekonferenz im Mai 2020, in der sie den Europäischen Aufbaufonds vorschlugen. Bild: EPA
Das Bundesverfassungsgericht macht in Deutschland den Weg für den 750 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbaufonds der EU frei. Über die eigentliche Verfassungsklage ist damit aber noch nicht entschieden.
Deutschland kann das Finanzierungssystem der EU bis zum Jahr 2027 und den darin enthaltenen 750 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbaufonds mit auf den Weg bringen. Das Bundesverfassungsgericht wies einen gegen die Ausfertigung des Ratifizierungsgesetzes gerichteten Eilantrag ab, wie am Mittwoch in Karlsruhe mitgeteilt wurde. Über die eigentliche Verfassungsklage ist damit noch nicht entschieden. (Az. 2 BvR 547/21)
Die Richterinnen und Richter des Zweiten Senats halten den Antrag im Hauptverfahren zwar nicht für „offensichtlich unbegründet“. „Bei summarischer Prüfung“ lasse sich eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Verfassungsverstoß allerdings nicht feststellen, hieß es. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßte die Entscheidung. „Die EU bleibt auf Kurs bei der wirtschaftlichen Erholung nach dieser beispiellosen Pandemie“, schrieb sie bei Twitter.
Ist die gemeinsame Schuldenaufnahme zulässig?
Der Bundestag hatte der gemeinsamen Schuldenaufnahme der EU-Länder für den Wiederaufbaufonds am 25. März mit Zwei-Drittel-Mehrheit zugestimmt, der Bundesrat folgte einen Tag später. Aber noch am selben Tag reichte das Bündnis einen Eilantrag und Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe ein. Daraufhin untersagte der Zweite Senat dem Bundespräsidenten, den Vertrag bis zur Entscheidung über den Eilantrag zu unterzeichnen. Das sollte verhindern, dass in der Zwischenzeit Fakten geschaffen werden. Wann das Bundesverfassungsgericht in der Hauptsache entscheiden will, wurde nicht mitgeteilt.
Das Geld soll dem wirtschaftlichen Aufbau in der EU nach der Pandemie dienen. Einen Teil gibt es als Zuschüsse, einen Teil als Darlehen. Dafür wollen die EU-Staaten gemeinsam Schulden aufnehmen. Vor allem gegen diese gemeinsame Schuldenaufnahme richtet sich die Verfassungsbeschwerde, die eine Professorengruppe um den früheren AfD-Vorsitzenden Bernd Lucke eingereicht hatte.
Die Kläger argumentieren, die EU-Verträge würden eine gemeinsame Schuldenaufnahme verbieten. Die Bundesregierung und die EU-Kommission berufen sich dagegen auf Artikel 122 der EU-Verträge. Nach dieser Ausnahmeregelung kann bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen einem Mitgliedsstaat „unter bestimmten Bedingungen ein finanzieller Beistand der Union gewährt“ werden. Nach Angaben dieses „Bündnisses Bürgerwille“ wird die Klage von mehr als 2200 Bürgern unterstützt.
Die EU-Kommission kann mit der Aufnahme der Kredite und der Auszahlung erst beginnen, wenn alle 27 Staaten den Beschluss ratifiziert haben. Das Paket mit den Wiederaufbauhilfen war bereits im Sommer 2020 verabredet worden, ist aber noch nicht startklar. Insgesamt sollen der Europäischen Union bis Ende 2027 rund 1,8 Billionen Euro zur Verfügung stehen.