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Bundesverfassungsgericht : Karlsruhe entscheidet am 12. September über Euro-Rettung

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Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle

Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle Bild: dpa

Bei der mündlichen Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts im Eilverfahren zur Euro-Rettung hatte Gerichtspräsident Voßkuhle schon angedeutet, dass sich das Gericht etwas mehr Zeit lassen will. Jetzt hat das Gericht den Termin bekanntgegeben.

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          Das Bundesverfassungsgericht wird am 12. September seine Entscheidung über die Eilanträge gegen den Euro-Rettungsschirm ESM und den europäischen Fiskalpakt verkünden. Das gab das Gericht am Montag bekannt. Die Richter brauchten „mehr Zeit, um eine eingehendere summarische Rechtsprüfung durchführen zu können“, sagte die Gerichtssprecherin. Eine Entscheidung innerhalb von zwei bis drei Wochen mit einer reinen Folgenabwägung würde „der herausragenden Bedeutung des Verfahrens nicht Rechnung tragen“.

          Bei der mündlichen Verhandlung hatte sich am vergangenen Dienstag schon abgezeichnet, dass die Entscheidung länger als gedacht auf sich warten lassen könnte. Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle hatte dafür plädiert, sich mehr Zeit zu lassen und gleich eine erste inhaltliche Prüfung des Euro-Rettungsschirms ESM und des Fiskalpakts vorzunehmen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bat hingegen die Richter um eine schnelle Entscheidung.

          Bei der Urteilsverkündung geht es um die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, die das Inkrafttreten des ständigen Euro-Rettungsschirms ESM und des europäischen Fiskalpaktes verhindern wollen. Geklagt hat unter anderem der Verein „Mehr Demokratie“ um Ex-Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD), die Linken-Fraktion und der CSU-Politiker Peter Gauweiler. Sie sehen durch die Verträge die Budgethoheit des Bundestages untergraben und die Grenzen des Grundgesetzes zur Integration in Europa weit überschritten.

          Der ESM soll Euro-Ländern mit bis zu 500 Milliarden Euro beistehen können. Dafür steht Deutschland mit 22 Milliarden Euro in bar und weiteren 168 Milliarden Euro an abrufbarem Kapital gerade. Mit dem Fiskalpakt verpflichten sich 25 EU-Staaten, Schuldenbremsen einzuführen.

          SPD: Merkel für Termindruck verantwortlich

          Die Bundesregierung kommentierte die Terminankündigung nicht. Sie nehme sie mit allem gebotenen Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht zur Kenntnis, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. 

          Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Otto Fricke, warf über Twitter die Frage auf, wieso sich das Bundesverfassungsgericht ausgerechnet die Zeit während der Haushaltsdebatte zum Kanzleramtsetat ausgesucht habe, um seine Entscheidung zum ESM zu verkünden.

          In Juristenkreisen wird allerdings vermutet, dass dem Karlsruher Gericht der Berliner Fahrplan schlicht nicht bewusst war. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte in Karlsruhe eine schnelle Entscheidung angemahnt. Eine Verzögerung könnte zu wirtschaftlichen Verwerfungen mit nicht absehbaren Folgen führen, sagte er in der mündlichen Verhandlung.

          Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, begrüßte die frühe Terminbekanntgabe. Das Gericht habe klar erkennen lassen, dass ihm die Dimension der zu entscheidenden Fragen absolut bewusst ist. Jeder solle sich deshalb hüten, Druck auf das Gericht auszuüben. Oppermann warf der Bundesregierung vor, für den Termindruck verantwortlich zu sein. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe monatelang mit der Opposition nicht über ESM und Fiskalpakt verhandeln wollen, obwohl sie deren Stimmen für die Zweidrittelmehrheit im Bundestag benötigte. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Rainer Brüderle, sagte lediglich, man respektiere die Souveränität des Bundesverfassungsgerichts.

          Die Reaktionen am Finanzmarkt waren gemischt. Der Analyst Carsten Brzeski von der ING-Bank sagte, seiner Einschätzung nach sei der September-Termin ausreichend, um die Märkte nicht in Unruhe verfallen zu lassen. „Eine Garantie auf einen ruhigen Sommer ist das jedoch nicht“, schränkte er ein.

          Der Chefvolkswirt der Bremer Landesbank, Folker Hellmeyer, äußerte sich kritisch: „Im Endspielmodus um die Euro-Zone ruft das Bundesverfassungsgericht ein ’Timeout’ mit sicherlich ungewollt negativen Implikationen für die Euro-Zone aus.“ Ein Händler sagte, die Unsicherheit am Markt sei sehr hoch, da man nicht wisse, wie das Gericht letztlich entscheiden werde.

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