Bundesarbeitsgerichts-Urteil : Wer reist, der arbeitet
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Dem Urteil zufolge muss man während der Reise nicht einmal arbeiten, um sich den Reiseweg als Arbeitszeit vergüten lassen zu können. Bild: Reuters
Wer aus beruflichen Gründen reist, kann sich diese Reisezeit wie Arbeitszeit vergüten lassen. Wer allerdings noch Umwege einlegt, muss dafür selbst aufkommen. Das hat das Bundesarbeitsgericht jetzt entschieden.
Arbeitnehmer, die im Außendienst tätig sind oder häufig ins Ausland müssen, können nach einem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgericht (BAG) künftig Zuschläge von ihrem Arbeitgeber verlangen. Die Erfurter Richter entschieden, dass die für Hin- und Rückreise erforderlichen Zeiten bei vom Arbeitgeber veranlassten Auslandsaufenthalten „wie Arbeit“ zu vergüten sind. Denn wenn der Mitarbeiter vorübergehend ins Ausland entsendet würde, erfolgt die Reise zur auswärtigen Arbeitsstelle und von dort zurück ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers, erläuterte das BAG in einer Mitteilung (Az.: 5 AZR 553/17).
Im konkreten Fall eines Bauinspektors, der für ein Projekt nach China geflogen war, heißt das: Es geht grundsätzlich um die Reisezeit, die für einen Flug in der Economy-Klasse angefallen ist. Der technische Mitarbeiter aus Rheinland-Pfalz und ein Bauunternehmen streiten seit mehr als zwei Jahren über die Vergütung von Reisezeiten nach dem Bautarifvertrag.
Business-Klasse über Dubai
Der Mitarbeiter war für Inspektionen und Montagen auf Baustellen im In- und Ausland eingesetzt worden. Schließlich entsandte sein Arbeitgeber ihn von August bis Ende Oktober 2015 auf eine Baustelle im Nordosten Chinas. Auf seinen Wunsch hin buchte das Unternehmen statt eines Direktflugs in der Economy-Klasse einen Business-Klasse-Flug mit Zwischenstopp in Dubai.
Für die insgesamt vier Reisetage (Hin- und Rückreise) zahlte ihm sein Arbeitgeber die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung für jeweils acht Stunden. Doch der Baufachmann verlangte Geld für weitere 37 Stunden – für die gesamte Reisezeit von seiner Wohnung bis zur Baustelle in China. Diese seien ihm laut Rahmentarifvertrag Bau als zuschlagspflichtige Überstunden zu vergüten.
Umwege sind nicht zu vergüten
Vor dem 5. Senat in Erfurt hatte er am Dienstag mit seiner Argumentation jedoch nur teilweise Erfolg. Die Richter bejahten den Vergütungsanspruch dem Grunde nach. Allerdings bestünde dieser nur für die erforderliche Reisezeit. Diese sei allerdings durch einen Zwischenstopp verlängert worden.
Wie viel Geld der Bauinspektor nun von seinem Arbeitgeber zusätzlich bekommt, muss abermals das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz klären. Dessen Urteil hoben die Erfurter Richter auf. Die Frage, wie viel Zeit für die Reise von der Wohnung bis zur Arbeitsstätte in China erforderlich war, muss die Vorinstanz ermitteln. Auch könnte dort abermals die Frage beleuchtet werden, ob die Buchung eines Sitzes in der Business-Klasse notwendig war.
Bisher hatte das BAG im Fall von Montagearbeiten bestätigt, dass die Reisezeit grundsätzlich wie normale Arbeitszeit zu vergüten ist. Allerdings kann in Einzelarbeitsverträgen und Tarifverträgen für diese Zeiträume eine geringe Vergütung vereinbart werden, wenn während der Reisezeiten keine Arbeitsleistung erbracht wird. Dagegen entschied ebenfalls der 5. Senat vor wenigen Monaten, dass die Zeit für das An- und Ausziehen von Dienstkleidung ebenfalls als vergütungspflichtige Arbeitszeit zu vergüten ist.