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Börsengang : Siemens-Aktionäre fechten Abspaltung von Osram an

  • -Aktualisiert am

Eine kleine Gruppe von Siemens-Aktionären will die Abspaltung des Leuchtmittelherstellers anfechten Bild: dapd

Der Fahrplan für einen der größten Börsengänge in diesem Jahr könnte hinfällig werden. Anteilseigner des Elektrokonzerns Siemens wollen Klage gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung einreichen.

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          Am Montag will eine kleine Gruppe von Aktionären eine Anfechtungsklage gegen die Abspaltung der Osram Licht AG einreichen, deren Aktien die Siemens-Aktionäre erhalten sollen. Nach Informationen der F.A.Z. wird die Klage von neun Aktionären vor dem Landgericht München erhoben. Am Montag läuft die Frist dafür ab, nachdem die Hauptversammlung des Technologiekonzerns am 23. Januar mit einer Mehrheit von 98,2 Prozent die Abspaltung beschlossen hatte.

          Als Konsequenz daraus dürfte sich der Termin für den Börsengang, den sich Siemens-Finanzvorstand Joe Kaeser im Idealfall für Ende April erhoffte, hinauszögern. Je nach Verlauf dieser Angelegenheit kann sich das Verfahren bis in den Sommer hineinziehen. Der Grund ist die sogenannte Registersperre: Die Eintragung in das Handelsregister kann dann wegen anhängiger Klagen nicht erfolgen.

          Die Osram AG, an der Siemens nach dem Börsen-Listing noch 19,5 Prozent hält, soll einer der großen Börsengänge mit einer Bewertung von rund 2,5 Milliarden Euro in diesem Jahr werden und könnte angesichts des Streubesitzes von 80,5 Prozent schnell M-Dax-Kandidat werden.

          Gespräche mit Siemens ergebnislos

          Die Diskussion um die Abspaltung spielte auf dem Aktionärstreffen von Siemens Ende Januar eine vergleichsweise untergeordnete Rolle. Dennoch hat es nach der Abstimmung - entgegen anfänglicher Angaben von Siemens - immerhin elf Widersprüche zu Protokoll zu diesem Tagesordnungspunkt gegeben. Sie sind Voraussetzung für das Einreichen einer Klage.

          Nach Informationen der F.A.Z. hat es vor Ablauf der Klagefrist Gespräche zwischen opponierenden Aktionären und Siemens gegeben, die aber ohne Ergebnis abgebrochen wurden. Der Konzern nahm dazu keine Stellung.

          Umstrittene Angriffspunkte

          Die Argumentation der Klage ist jedoch umstritten, weshalb Siemens es offenbar auf eine juristische Auseinandersetzung ankommen lässt. Denn die Kläger beanstanden weniger Missstände beim formalen Zustandekommen von Bewertungsgutachten für die Festlegung des Abspaltungsverhältnisses (für zehn Siemens-Aktien gibt es eine Osram-Aktie).

          Als Angriffspunkte ist vielmehr die mangelhafte Akustik und Beschallung der Präsenzbereiche, in denen sich die Aktionäre in der Olympiahalle aufhielten, gewählt. Dadurch würden sie in ihren Mitspracherechten behindert, wenn Ausführungen unverständlich sind.

          So wird etwa moniert, dass auf den Toiletten keine Handtücher ausgelegt seien, stattdessen der Krach von Heißluft-Händetrocknern die Beschallung aus dem Versammlungssaal überlagern würden. Auch wird Finanzvorstand Kaeser genannt, der in seinen Ausführungen zum Tagesordnungspunkt nicht zu verstehen sei, weil er nur in Halbsätzen rede und Aussagen teilweise verschlucke.

          Solche Begründungen sind in ähnlich gelagerten Fällen von Anfechtungsklagen oft von Berufsklägern vorgebracht worden. Sie erhofften sich Vorteile aus einer Situation, in dem sie Unternehmen unter Druck setzen. Solche Begründungen werden nicht selten als Hilfskonstruktion für den Versuch gewählt, Mehrheitsbeschlüsse zu kippen.

          Wie zu hören ist, sind Gründe für formale Fehler etwa in der Versammlungsleitung nicht ausreichend für einen Erfolg der Klage gewesen. Andererseits aber wird der Akustik und Verständlichkeit in den Präsenzbereichen einer Hauptversammlung juristisch ein großer Stellenwert eingeräumt.

          Das ist auch der Grund, warum sich die Kläger an das Landgericht München gewandt haben. Der dafür zuständige Richter soll sich in früheren Fällen intensiv mit dem Thema befasst und entsprechende Urteile gefällt haben.

          Verfahren könnte bis Juni dauern

          Nach Erhalt der Anfechtungsklage wird der Richter die Schlüssigkeit prüfen und die Frage klären, ob - wie es juristisch heißt - die Schwelle der Unbegründetheit überschritten ist.

          Unabhängig davon kann Siemens nach Kenntnisnahme der Klage sofort beim Oberlandesgericht eine Freigabe beantragen. Über die kann unabhängig vom Ausgang der Verhandlung über die Anfechtungsklage die Eintragung in das Handelsregister bewilligt werden.

          Ein Unternehmenssprecher sagte, dass Siemens bei etwaigen Klagen die rechtlichen Optionen prüfe, insbesondere auch die Möglichkeit eines Freigabeverfahrens. Das Oberlandesgericht hat drei Monate Zeit, die Freigabe zu prüfen und anzuordnen. Damit zöge sich das Verfahren bis Ende Mai oder Anfang Juni.

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