Vor der Bayern-Wahl : Wirtschaft interessiert die CSU nur am Rande
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Die CSU interessiert sich nur für die Natur. Bild: dpa
Bayern geht es gut. Wirtschaft ist im Programm der CSU deshalb nur noch eine Randerscheinung. Naturparks sind wichtiger als Arbeitsplätze.
Diese Woche versorgte Markus Söder die Netzgemeinde mal wieder mit hübschem Unterhaltungsstoff. Der bayerische Ministerpräsident twitterte ein Bild, das ihn mit dem Logo seines Raumfahrtprogramms zeigte. „Bavaria One. Mission Zukunft“, stand darauf, dazwischen ein stilisiertes Bild Söders im Stile eines Astronauten. „Bayern ist Marktführer“, schrieb er dazu, „wir investieren in Digitalisierung, Robotik, künstliche Intelligenz, Hyperloop und Raumfahrt.“ Es sollte klingen wie in der guten alten Zeit, als der CSU-Politiker Franz Josef Strauß den Airbus-Konzern gründete und aus dem rückständigen Agrarstaat ein führendes Industrieland machte.
So etwas hat die CSU in diesen Tagen bitter nötig, nicht bloß wegen ihrer mauen Umfragewerte. Denn zuletzt war ihre wirtschaftspolitische Kompetenz arg angeknackst. Nicht dass die Partei jemals die reine Lehre der Marktwirtschaft vertreten hätte. Schon die Industriepolitik unter Strauß war vom Staatsdirigismus getrieben. Und ans Soziale, das sie im Namen trägt, hatte die Partei immer gedacht, allen voran der womöglich scheidende CSU-Vorsitzende Horst Seehofer, der sich mit der heutigen Kanzlerin schon vor 15 Jahren wegen der Gesundheitspolitik überwarf.
Trotzdem war das bayerische Modell früher sehr erfolgreich. Die CSU ermöglichte den ökonomischen Aufschwung des Freistaats und profitierte zugleich von ihm. Über den kleinen Schönheitsfehler, dass das Wohlstandsniveau zwischen München und Nordostoberfranken irgendwann so weit auseinanderklaffte wie in kaum einem anderen Bundesland, sah man lange hinweg. Nach Söders Amtsantritt als „Heimatminister“ vor einigen Jahren flossen die Subventionen dafür umso üppiger.
Die CSU lebt von der Furcht vor den Grünen und der AfD
Großprojekte spielten bei der Strategie eine bedeutende Rolle. Atomkraftwerke galten dem rohstoffarmen Binnenland, das weder über Kohlegruben noch über Küstenwind verfügt, lange als Garant energiepolitischer Autarkie. Der kühne Entschluss, weit draußen im Nichts einen neuen Münchener Flughafen zu bauen, machte die kleine Millionenstadt zum zweiten deutschen Luft-Drehkreuz nach Frankfurt. Dass sich Bau und Eröffnung noch länger verzögerten als heute beim Berliner Pannen-Airport BER, ist längst vergessen. Den Aufschwung Münchens förderten einst die Olympischen Spiele von 1972. Ein U-Bahn-Netz entstand, das viel belächelte „Millionendorf“ entwickelte sich zu einer richtigen Großstadt. Die CSU half nach Kräften mit, auch wenn im Rathaus meist SPD-Politiker regierten.
Mit dieser Art des Fortschrittsglaubens ist es längst vorbei. Stattdessen regiert bei der CSU die nackte Angst. Die Partei, die das Land seit 1957 ununterbrochen regiert, lebt heute in der Furcht vor zwei Hauptkonkurrenten: vor den Grünen und vor der AfD. Zuletzt redete sie deshalb über lange Strecken entweder über Flüchtlinge oder über den Umweltschutz. Von Wirtschaftsthemen war kaum die Rede; die bisherige Ressortministerin Ilse Aigner wurde mit ihrem Plan, die Kosten der Energiewende zu verringern, von Seehofer brutal ausgebremst.
Kein Wunder: Der frühere Ministerpräsident brauchte das Geld ja, um protestierenden Bürgern die Angst vor neuen Hochspannungsleitungen zu nehmen. Sie sollen in Bayern jetzt unterirdisch verlegt werden, was nicht nur viel teurer wird, sondern den Bau auch behindert und verzögert. Dabei braucht Bayern den Strom aus dem Norden nach dem Wegfall der Atomkraftwerke dringend, zumal die Staatsregierung aus Furcht vor Bürgerprotesten den Bau von eigenen Windrädern bremst. Nur die Stromerzeugung aus Biomasse wird gefördert, weil es den heimischen Bauern nutzt, und in der Not denkt die CSU auch schon über halbstaatliche Gaskraftwerke für den Notfall nach. Immerhin: Eine erste Leitung aus Thüringen ging voriges Jahr in Betrieb.