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Bankhaus Wegelin : Wie ein Steuerskandal eine Schweizer Privatbank zerstört hat

  • Aktualisiert am

Die Zentrale der Bank Wegelin in St. Gallen. Bild: dpa

Eine Schweizer Privatbank hat gestanden, ihren Kunden in Steuerfragen bei Rechtsverstößen geholfen zu haben. Nun ist der Großteil der Bank verkauft, der Rest wird abgewickelt. Die anderen Schweizer Banken sind gewarnt.

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          Es war ein Ende mit langer Vorankündigung. Dass die einst so renommierte Bank Wegelin - das älteste private Geldhaus der Schweiz - sich unter dem Druck amerikanischer Steuerfahnder selbst auflösen würde, hatte sie schon vor einem Jahr angekündigt.

          Damals fegte die Nachricht wie eine Schockwelle durch die Finanzzentren in Zürich und Genf: Nachdem in den Vereinigten Staaten drei ihrer Manager wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung angeklagt wurden und auch der gesamten Bank ein ruinöses Strafverfahren drohte, entschlossen sich Wegelin-Chef Konrad Hummler und seine Mitgesellschafter in einem Verzweiflungsakt zum Notverkauf.

          Das Europageschäft wird unter dem Namen „Notenstein“ von der Raiffeisen-Gruppe weitergeführt

          Für geschätzt 300 Millionen Franken (250 Millionen Euro) wurde der größte Teil des Geldhauses von der Raiffeisen-Gruppe übernommen. Die führt Wegelins lukratives Geschäft mit wohlhabenden Privatkunden seitdem unter in einem noblen Institut mit dem Namen Notenstein-Bank weiter.

          Mit einer wichtigen Ausnahme: Das „vergiftete“ Geschäft mit Kunden aus den Vereinigten Staaten, die Steuern verstecken wollten, wurde ausgegliedert und noch unter dem Namen Wegelin weitergeführt.

          Geschäftszweck dieser Wegelin-„Bad Bank“ war vor allem die eigene Abwicklung bei gleichzeitiger Erleichterung der weiteren Ermittlungen der amerikanischen Staatsanwaltschaft gegen potenzielle Steuerbetrüger. Dabei ist mit dem in Banken- und Justizkreisen längst erwarteten offiziellen Wegelin-Schuldeingeständnis nun der wichtigste Meilenstein in Richtung Abwicklung erreicht worden.

          Wegelin-Teilhaber Bruderer: „Dieses Verhalten war in der Schweizer Bankenindustrie üblich“

          Für die Wegelin-Teilhaber Otto Bruderer und Konrad Hummler war der Flug nach New York zur Teilnahme an der Verhandlung des Bezirksgerichts von Manhattan vermutlich die traurigste Geschäftsreise ihrer Laufbahn. Bruderer gab namens der Bank das Schuldeingeständnis, zwischen 2002 bis 2010 Amerikanern geholfen zu haben, Steuern vor dem heimischen Fiskus zu verstecken. Und zwar in Kenntnis der Tatsache, dass die Gelder dieser Kunden nicht wie vorgeschrieben bei deren amerikanischen Finanzämtern deklariert waren. Bruderer erklärte vor dem Gericht in Manhattan, die Kundenberater hätten im Auftrag und mit Wissen der Bank gehandelt. Mehr noch: Wegelin sei sich der Verstöße nach amerikanischem Recht bewusst gewesen.

          Besonders brisant ist die weitere Behauptung von Bruderer, dass „dieses Verhalten in der Schweizer Bankenindustrie üblich (common) war“. Dies spielt auf die Tatsache an, dass die Banken in der Schweiz sich bisher nicht um die Steuerkonformität der angelegten Vermögen kümmern mussten, viele hieraus unter dem Schutz des Bankkundengeheimnisses aber ein Geschäftsmodell für Ausländer machten. Reine Steuerhinterziehung ist - im
          Gegensatz zum Steuerbetrug - in der Alpenrepublik kein Straftatbestand. Erschwerend wertete die Staatsanwaltschaft in New York, dass sich Wegelin aktiv um amerikanische UBS-Kunden bemüht habe, als gegen die Großbank von 2008 an ermittelt wurde. 2009 zahlte die UBS dann insgesamt 780 Millionen Dollar und lieferte mit Billigung der Regierung mehr als 4500 Kundendaten nach Amerika.

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