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Bankenskandale : Londoner City wird zur Bonanza für Anwälte

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Im Brennpunkt der Ermittlungen: Die Londoner City

Im Brennpunkt der Ermittlungen: Die Londoner City Bild: dpa

Das scharfe Vorgehen der amerikanischen Behörden gegen britische Banken zeigt immer mehr Wirkung. Für die Verhandlungen über Strafzahlungen werden Rückstellungen in Millionenhöhe gebildet, zugleich ist der Rat erfahrener Juristen gefragter denn je. Auch das kostet die Banken immense Summen.

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          In der Londoner City rüsten sich Banken und ihre Anwaltskanzleien für ein schärferes Vorgehen amerikanischer Ermittlungsbehörden gegen europäische Geldinstitute. Erschüttert hat man dort den Erfolg von Benjamin Lawsky zur Kenntnis genommen. Der Leiter der im vergangenen Jahr gegründeten New Yorker Finanzaufsicht hat - unabhängig von anderen Ermittlungsbehörden - von der Bank Standard Chartered eine Strafzahlung von 340 Millionen Dollar erzwungen. „Lawsky hat gezeigt, wie es geht, und dem werden andere Ermittlungsbehörden jetzt nacheifern wollen“, fürchtet ein Londoner Bankenfachmann, der nicht genannt werden möchte.

          „In jeder Stadt gibt es ein Gefängnis“

          Nach der Finanzkrise wird in der Bankenbranche aufgeräumt, und amerikanische Aufsichtsbehörden sowie ehrgeizige Generalstaatsanwälte führen der Londoner City vor, was das heißt: Für die Versuche, den Libor-Zinssatz zu manipulieren, für jahrelange Verstöße gegen Iran-Sanktionen und für die Beihilfe zur Steuerhinterziehung müssen die europäischen Institute zahlen, wollen Banker nicht am Ende verurteilt werden. Heute klingen die Worte von Hank Paulson, dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Investmentbank Goldman Sachs, wie eine Prophezeiung: „Vergessen Sie nicht: Als Bank beschäftigen wir so viele Mitarbeiter, wie in einer kleinen Stadt leben. Und in jeder Stadt gibt es ein Gefängnis.“

          Für viele Banker kommt die Welle der Ermittlungen allerdings nicht überraschend. Die Rechtsverstöße in der Vergangenheit waren zu groß, die Ignoranz der Aufsichtsbehörden zu offensichtlich. Aber die Wucht, mit der nun zugeschlagen wird, schockiert die Londoner Bankenwelt.

          „Wir wissen, dass wir zahlen müssen“

          In New York nutzt Generalstaatsanwalt Eric Schneiderman für sein Vorgehen gegen Banken im Libor-Skandal ein altes Gesetz von 1921, den „Martin Act“. Dies ermächtigt ihn, jeder in New York tätigen Geschäftsperson oder Bank ein Strafverfahren anzudrohen, ohne dass der Beschuldigten eine Betrugsabsicht nachgewiesen werden müsste. Schneiderman hofft, Schadenersatz für staatliche Investoren in New York herausschlagen zu können. Und die Banken zücken das Scheckbuch. „Es ist ein Rechenexempel“, heißt es in Kreisen einer Großbank, deren Sprecher sich nicht öffentlich äußern will.

          „Wir wissen, dass wir gegen Recht verstoßen haben und zahlen müssen. Wir ermitteln, welche Strafe auf uns zukommen könnte und welche Anwaltskosten wir tragen müssten. Das ist die Grundlage für unsere Vergleichsverhandlungen mit den Behörden und den Staatsanwälten.“ Dabei sei das Ziel, möglichst mit allen ermittelnden Behörden gleichzeitig einen Vergleich zu schließen. Standard Chartered gelang genau dies nicht.

          Ein 340-Millionen-Dollar-Reputationserfolg

          Bei den Ermittlungen im Verstoß gegen amerikanische Iran-Sanktionen erzwang Lawsky einen Vergleich mit Standard Chartered, obwohl die Untersuchungen anderer amerikanischer Behörden noch im Gange waren. Nach Angaben des „Wall Street Journal“ wurde die Londoner Finanzaufsicht FSA nur 90 Minuten vor Veröffentlichung der Anschuldigungen aus New York informiert. Der Affront war so groß, dass sich sogar der Gouverneur der Bank von England, Mervyn King, über das Vorgehen entrüstete und Banker in London argwöhnen, New York wolle die in den Schwellenländern starke Konkurrenz der britischen Banken schwächen.

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