Der Balance-Akt : Chico & Kollegen
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Wann hat der Mensch das Denken eingestellt? Oder welche geheime Macht schickt Blumen für Kampfhund Chico, Nacktfotos von Heidi Klum und hetzende Rapper-Texte?
Die Welt wird immer verrückter. Alle drehen durch, allen voran die Tierschützer. Da haben wir ja schon viel Unsinn erlebt, man denke nur an all die schützenswerten Unken, Vögel und Molche, die diverse Bauprojekte lahmlegen. Unvergessen sind die 200 Zauneidechsen am Stuttgarter Bahnhof, die es zu nationaler Berühmtheit gebracht haben, weil sie umgesiedelt werden mussten – was 8600 Euro pro Echse gekostet hat. Aber gut, das bisschen Umverteilung zugunsten der Kriechtiere spielt bei dem Milliarden-Murks von Stuttgart 21 auch keine Rolle mehr.

Freie Autorin in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Jetzt allerdings geht es um „Chico“, einen Hund. Und wenn es um der Menschen liebste Begleiter geht, kennt der Tierschützer kein Halten mehr. Auch nicht, wenn Chico kein lieber, süßer Wuschelschopf ist, sondern ein übelst gefährlicher Kampfhund, der gerade seine beiden Halter in Hannover zu Tode gebissen hat. Plötzlich hatte Chico 300 000 neue Freunde, die sich per Petition für sein Wohlergehen einsetzen wollten. Das arme Tier kann doch nichts dafür: „Menschen haben dich krank gemacht. Chico, wir lieben dich“, twittern sie rührend. Weil er trotzdem eingeschläfert wurde, erhalten die verantwortlichen Beamten und Tierärzte jetzt Morddrohungen, die Polizei muss sich gegen Verschwörungstheorien wehren. Sogar eine Mahnwache soll für Chico stattfinden. Mit Kerzen, Stofftieren und so.
Wann nur ist der Menschheit der Verstand abhandengekommen? Wann zum Beispiel hat Model-Masterin Heidi Klum das Denken eingestellt? Donnerstags trichtert die 44-Jährige ihren hübschen Hungerhaken noch ein, dass sie bloß keine Nacktfotos von sich posten sollen, kurz darauf räkelt sie sich dermaßen lasziv auf Instagram, dass die Jungs rote Ohren kriegen. Wurde der Account gehackt, wie manch ein Fan argwöhnt, oder hat jemand Heidis Hirn gekapert?
Unserem Nachwuchs, so ergeben die Recherchen beim Abendbrot, ist das Klumsche Treiben egal. Im Zweifel halten sie es mit den Weltverschwörern: „Da sind Illuminati am Werke.“ Auf die Mächte der Finsternis, die gerne mal in Hannes’ schlechten Träumen auftauchen, lässt sich alles schieben. Aber haben die auch den „Echo“-Skandal angezettelt?
Über den Rapper Kollegah gehen die Meinungen innerfamiliär stark auseinander. „Rapper müssen provozieren“, verteidigt ihn Hannes, unser Elfjähriger, und bezieht dafür vom Rest der Familie Schelte. Dann legt er sich mit den Songtexten ins Bett – und löscht sie am nächsten Morgen von der Playlist.