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Gesetz beschlossen : Verbrennerverbot mit Lücke

Neue Autos dürfen in der EU auch nach 2035 noch einen Auspuff haben. Bild: dpa

Die Energieminister haben die neuen CO₂-Regeln für Neuwagen beschlossen, doch die Kommission will bald Abhilfe vom Verbot schaffen. Auch für E-Auto-Besitzer ändert sich demnächst einiges.

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          Das Verbrennerverbot ist beschlossen. Die Energieminister der Mitgliedstaaten haben die neuen EU-Regeln für den CO2-Ausstoß von Neuwagen am Dienstag ohne Aussprache angenommen. Nur Polen stimmte dagegen. Italien, Bulgarien und Rumänien enthielten sich. Das reichte nicht, um die nötige Mehrheit zu verhindern. Die Bundesregierung hatte ihre Enthaltung, mit der sie die Verabschiedung wochenlang blockierte hatte, am Wochenende zurückgezogen. Zu­vor hatte Klimaschutzkommissar Frans Timmermans zugesagt, in den kommenden Monaten konkrete Vorschläge vorzulegen, wie nach dem Stichjahr 2035 dennoch zumindest Verbrenner zugelassen werden können, die nur mit klimaneutralen synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, gefahren werden können. Das hatte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) zur Bedingung dafür gemacht, dass er seinen Widerstand gegen das Gesetz aufgibt.

          Hendrik Kafsack
          Wirtschaftskorrespondent in Brüssel.

          Die EU-Kommission legte den Ministern am Dienstag eine Erklärung vor, in der sie das geplante Vorgehen erläutert. Zunächst will sie – „unmittelbar nach der Annahme“ der CO2-Vorgaben für Autos – einen Rechtsakt vorlegen, der einen neuen Fahrzeugtyp schafft, der nachweislich dauerhaft ausschließlich mit E-Fuels be­tankt werden kann. Da es sich dabei um ein Durchführungsgesetz (Implementing Act) handelt, können Europaparlament und Ministerrat das kaum aufhalten. Der neue Fahrzeugtyp allein bedeutet allerdings noch nicht das Aus des Verbrenners. Denn nach der Verabschiedung der CO2-Regeln für Autos gilt, dass Neuwagen von 2035 an kein CO2 mehr ausstoßen dürfen. Das tun mit E-Fuels be­tankte Autos aber.

          Zweiter Rechtsakt im Herbst

          Die Kommission will deshalb zudem im Herbst einen zweiten Rechtsakt vorlegen, um die CO2-Regeln doch noch für diese Autos zu öffnen. Die Hürden für die Annahme dieses delegierten Rechtsakts sind höher. EU-Parlament und Staaten können ihn blockieren. Das Parlament benötigt dafür die absolute Mehrheit, der Ministerrat eine Mehrheit von 55 Prozent der Staaten und 65 Prozent der EU-Bevölkerung. Zudem gibt es Zweifel daran, dass die CO2-Regeln für Autos eine ausreichende rechtliche Ba­sis für einen solchen delegierten Rechtsakt liefern. Die Kommission will deshalb im Notfall ein normales Gesetz vorschlagen, um dem Verbrenner eine Zu­kunft zu verschaffen. Das müssten die EU-Institutionen allerdings dann mit Mehrheit annehmen.

          Grüne und Union übten Kritik an dem von Timmermans und Wissing ausgehandelten Kompromiss. „Die Kommission hat nicht das Recht, Gesetze eigenmächtig zu ändern“, sagte der Europaabgeordnete Michael Bloss (Grüne). „Wenn sie das versucht, werden wir als Parlament dagegen vorgehen.“ Der CDU-Politiker Jens Gieseke warf Wissing eine „wirkungslose Show für die Öffentlichkeit“ vor. Es bleibe unklar, für welche Fahrzeuge die Vorschläge der Kommission gelten sollen. Jeder Vorschlag für mehr Technologieoffenheit könne aber mit der vollen Unterstützung der europäischen Christdemokraten rechnen.

          Einheitliche Regeln für Ladesäulen

          Klarheit gibt es unterdessen in einem für die Elektromobilität zentralen anderen EU-Gesetz. Unterhändler von EU-Parlament und Mitgliedstaaten haben sich in der Nacht zum Dienstag auf neue Vorgaben für den Ausbau der Ladeinfrastruktur geeinigt. Die sollen bis 2025 eine Versorgung mit Schnellladestationen im Abstand von 60 Kilometern an wichtigen Autobahnen und Bundesstraßen sicherstellen. Für andere wichtige Straßen soll das fünf Jahre später gelten. Auch für Lastwagen und Busse erhalten die Mitgliedstaaten mehr Zeit. Hier muss es erst bis 2030 alle 60 Kilometer an den Hauptverkehrsachsen eine Schnellladestation geben und alle 100 Kilometer an anderen wichtigen Straßen.

          Die Preise müssen an den Lade- und Tankstationen klar und einheitlich – in der Regel pro Kilowattstunde – mitgeteilt werden. An allen Schnellladesäulen muss außerdem das Bezahlen mit Geldkarten möglich sein. „Das Henne-Ei-Problem in der E-Mobilität wird endlich gelöst“, sagte die Abgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg (Grüne). Niemand müsse mehr fürchten liegenzubleiben. Der Verband der europäischen Automobilindustrie (Acea) warnte hingegen, es werde eine erhebliche Versorgungslücke bleiben.

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