Werk in Kaiserslautern : Opel-Chef sieht Batteriezellfertigung als „Jahrhundertprojekt“
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Opel-Werk in Kaiserslautern Bild: EPA
Opel will an seinem rheinland-pfälzischen Standort künftig Batteriezellen für Elektroautos fertigen. Opel-Chef Michael Lohscheller erklärt im Gespräch mit der F.A.Z., wie schwer eine verlässliche Nachfrageprognose ist.
Bisher ist das Werk des Autoherstellers Opel in Kaiserslautern von der Gegenwart bestimmt. An dem Standort in Rheinland-Pfalz fertigten nach Unternehmensangaben zuletzt 1500 Mitarbeiter Dieselmotoren und Komponenten. Künftig soll dort aber auch das entstehen, was viele als Zukunft sehen. Vom Jahr 2024 an wollen Opel und dessen französische Muttergesellschaft PSA Peugeot Citroën in Kaiserslautern Batteriezellen für Elektroautos herstellen.
In Zusammenarbeit mit dem französischen Energiekonzern Total und dessen Batterietochtergesellschaft Saft wird das Werk zu einer von zwei Zellfabriken innerhalb des PSA-Konzerns ausgebaut. Die Gesamtinvestition für diese Batteriezellproduktion beträgt nach Angaben der Unternehmen annähernd fünf Milliarden Euro, rund 1,3 Milliarden Euro davon sind Subventionen aus dem europäischen Batteriezellprojekt, das die Regierungen Deutschlands und Frankreichs federführend in den vergangenen Monaten organisiert haben.
Für Opel hat das Projekt große Bedeutung. Im Rahmen seiner Sanierung unter dem Dach von PSA hatte der deutsche Autohersteller zwar schon vor längerer Zeit angekündigt, in Kaiserslautern weiter zu investieren; unter anderem entsteht dort derzeit eine neue Anlage zur Warmumformung von Stahl. Batteriezellen aus europäischer beziehungsweise deutscher Produktion haben einen anderen Stellenwert, enthält doch der Akku von Elektroautos einen großen Teil der gesamten Wertschöpfung eines Elektrofahrzeugs, und bisher dominieren den Markt die Zellen mehrerer asiatischer Hersteller.
Bis zu 2000 Arbeitsplätze
Entsprechend optimistisch ist Opel-Chef Michael Lohscheller, wenn er über das Vorhaben spricht. „Die Investition in das Projekt der Batteriezellfertigung in Kaiserslautern ist für Opel enorm wichtig und eine richtungsweisende Entscheidung. Ich denke, man kann von einem Jahrhundertprojekt sprechen: Wir werden dort nicht nur zwei Milliarden Euro investieren, sondern schaffen damit langfristig bis zu 2000 Arbeitsplätze, sowohl in der Fertigung als auch in der Forschung und Entwicklung“, sagte Lohscheller der F.A.Z. im Vorfeld eines Werksbesuchs in Kaiserslautern. Dieses wird an diesem Freitagvormittag mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Malu Dreyer (SPD), der Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, stattfinden.
Die neuen Arbeitsplätze sind erst einmal ein Versprechen, so wie das auch in anderen Batteriezellprojekten der Fall ist. Die Kaiserslauterner Zellproduktion soll in drei Stufen entstehen, die jeweils eine Batteriekapazität von acht Gigawattstunden umfassen, womit gut 160.000 Elektroautos angetrieben werden können. Nur wenn Opel die volle geplante Kapazität von 24 Gigawattstunden erreicht, werden auch tatsächlich 2000 Mitarbeiter benötigt. Ob dieser Fall eintritt, hängt wiederum von der Nachfrage nach Elektroautos ab. Im nächsten Jahr beginnen nun erst einmal die Vorbereitungen in dem Werk, die ersten Zellen sollen im Jahr 2024 produziert werden. Läuft alles wie geplant, will Opel die volle Kapazität noch vor dem Jahr 2030 erreichen.
„Ergebnis intensiver Bemühungen“
Opel-Chef Lohscheller geht das Projekt mit Blick auf die Arbeitsplätze jedenfalls optimistisch an. „Natürlich müssen wir schauen, wie sich die Nachfrage nach den Dieselmotoren und Komponenten aus Kaiserslautern weiterentwickelt“, sagte er. Das Werk werde in jedem Falle weiter eine wichtige Rolle im Produktionsnetz des PSA-Konzern spielen. „Deshalb haben wir auch in der jüngeren Vergangenheit umfassend in das Werk investiert. Gemeinsam mit der Investition in die Batteriezellfertigung wird so am Standort die Beschäftigung spürbar aufgebaut“, so Lohscheller. Die Zellproduktion schrittweise hochzufahren, sei intelligent und notwendig. Lohscheller: „Niemand kann heute sagen, wie sich die Nachfrage nach Elektroautos tatsächlich entwickelt. Fest steht, dass sie in unserem Falle nicht gleich von nahe null auf eine halbe Million Fahrzeuge springen wird. Insofern ist es sinnvoll, in mehreren Ausbaustufen vorzugehen.“
Die Gewerkschaft IG Metall bewertet die Investition jedenfalls positiv. Das Gemeinschaftsunternehmen aus PSA, Opel, Total und Saft sei „ein hervorragendes Signal für Kaiserslautern und für das Land Rheinland-Pfalz“, ließ sich Jörg Köhlinger, Bezirksleiter des IG Metall-Bezirks Mitte, in einer Mitteilung zitieren. „Es ist Ergebnis der intensiven Bemühungen des dortigen Betriebsrates, eine sichere Perspektive für den Opel-Standort und die Beschäftigten zu erreichen“, sagte Köhlinger, der auch die Bemühungen der rheinland-pfälzischen Landesregierung unter Ministerpräsidentin Dreyer hervorhob. Sie habe dafür Sorge getragen, dass die neue Fertigung nach Kaiserslautern komme. „Hier werden die hochqualifizierten Opel-Beschäftigten zu guten tarifvertraglichen Bedingungen ihren Beitrag zum Erfolg der neuen Fertigung erbringen", ergänzte der IG-Metall-Vertreter.
Laut Opel-Chef Lohscheller hatte es mehrere Möglichkeiten für den Aufbau einer Opel-eigenen Zellproduktion gegeben, auch ein neues Werk sei im Gespräch gewesen. Die Entscheidung fiel aber dann aus mehreren Gründen zugunsten des rheinland-pfälzischen Standorts aus. „Wir haben uns auch für den Standort Kaiserslautern entschieden, um Ressourcen zu schonen und vorhandene Kompetenzen zu nutzen. Das Werk ist so groß, dass sich die Batteriefertigung neben der bisherigen Produktion aufbauen lässt“, sagte der Opel-Chef. Zudem gebe es weitere Gründe, die für Kaiserslautern gesprochen hätten: der hohe Anteil an erneuerbaren Energien, die gut ausgebildeten Fachkräfte und schließlich die Nähe zu Frankreich und den dortigen PSA-Werken.
Batteriezellen könnten auch an Dritte gehen
Denn die künftigen Produkte aus dem Werk sollen im ganzen PSA-Konzern zum Einsatz kommen. „Die Batteriezellen aus Kaiserslautern können an allen Opel-Standorten genutzt werden, ob für die Plug-in-Hybrid-Produktion in Eisenach, den elektrischen Corsa aus unserem spanischen Werk in Saragossa oder für die künftige elektrifizierte Astra-Version aus Rüsselsheim“, sagte Lohscheller. „Zudem werden sie natürlich den PSA-Schwestermarken zur Verfügung stehen.“ Der Opel-Chef will aber auch nicht ausschließen, dass die wichtigen Elektroautokomponenten seinem Unternehmen weitere Geschäftsmöglichkeiten eröffnen. Das Gemeinschaftsunternehmen aus Total, Saft, PSA sowie Opel werde Batteriezellen herstellen, „die jedem interessierten Kunden angeboten werden“.
Nach der Übernahme durch PSA im Sommer vor drei Jahren befindet sich Opel weiter in der Sanierung. Zwar erwirtschaftet das Unternehmen nach fast zwei Jahrzehnten andauernder Verluste inzwischen wieder operative Gewinne. Allerdings hat Opel seine Mitarbeiterzahl in Deutschland in den vergangenen Jahren stark verringert. Zudem schwächelt der Absatz der eigenen Autos weiter. Erst im Januar hatte das Unternehmen angekündigt, innerhalb der nächsten zwei Jahren über freiwillige Maßnahmen wie Vorruhestand, Altersteilzeit oder Abfindungen in Deutschland 2100 weitere Stellen abzubauen. Außerdem hält es sich die Option offen, die Mitarbeiterzahl in weiteren Schritten um 2000 zusätzliche Arbeitsplätze zu verringern.