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Flatrate und Carsharing : So fördert Augsburg den Verzicht aufs eigene Auto

  • Aktualisiert am

Die Straßenbahn fährt auch an Augsburgs historischem Rathaus vorbei. Bild: dpa

Kostenlose Busse und Tram im Zentrum, alles andere für eine Monatspauschale inklusive Leihwagen: Augsburg macht ernst, damit weniger Menschen mit privaten Pkw in die Stadt fahren.

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          Blechlawinen am Boden, Feinstaub in der Luft: Fast alle großen Städte ächzen unter der Verkehrs- und somit der Umweltbelastung. In Augsburg sollen nun zwei Projekte eine spürbare Entlastung bringen. In einer Cityzone wird die Nutzung von Bussen und Straßenbahnen ab 1. Januar 2020 kostenlos. Zudem haben die Stadtwerke jüngst eine ungewöhnliche Mobilitätsflatrate eingeführt.

          Dieses nach Angaben des Kommunalunternehmens bundesweit erstmals angebotene Modell soll den Bürgern einen schnellen und unkomplizierten Wechsel vom öffentlichen Nahverkehr auf das Auto oder das Zweirad ermöglichen. Damit soll der Privatwagen für die Menschen im Raum Augsburg künftig verzichtbar werden.

          Flatrate für Mobilität

          Nutzer der Augsburger Mobil-Flat können in der Stadt unbegrenzt Bus und Tram fahren. Zudem können sie die rund 175 Leihfahrräder der Stadtwerke Augsburg (SWA) bis zu 30 Minuten kostenlos fahren, auch mehrfach am Tag.

          Falls sie doch einmal ein Auto brauchen, können sie die Carsharing-Flotte der SWA nutzen. Je nach gewähltem Tarifmodell sind bis zu 15 oder 30 Stunden Fahrzeugnutzung pro Monat inklusive. Für alles zusammen müssen die Abokunden monatlich 79 oder 109 Euro zahlen.

          Bis Anfang Dezember hätten sich 220 Kunden für das neue Angebot registriert, erklärte SWA-Sprecher Jürgen Fergg. Für die Startphase ist das Unternehmen damit zufrieden. Offensichtlich sind viele Menschen durch das neue Angebot auf die Idee gekommen, erst einmal das Prinzip des Auto-Teilens zu testen. „Wir haben deutliche Steigerung beim Carsharing selbst“, sagt Fergg.

          Weniger Fahrten mit Privat-Pkw

          Mit der neuen Flatrate liegen die Augsburger auf einer Linie mit den Empfehlungen des Deutschen Städtetages. Der Kommunalverband hatte Mitte 2018 ein Positionspapier beschlossen, wie im Jahr 2030 die Fortbewegung in den Städten aussehen soll. Nach der Vision soll in zehn Jahren der Individualverkehr in den Ballungsräumen „ganz überwiegend auf Sharing-Angeboten“ basieren. Fahrten mit dem privaten Pkw sollen deutlich eingeschränkt werden.

          Die Stadtwerke Augsburg haben vor viereinhalb Jahren mit diesem Wandel begonnen. Bei den Mietautos gibt es seitdem einen regelrechten Boom in der schwäbischen Stadt. Am Anfang gab es 9 Standorte mit 25 Wagen, mittlerweile ist die SWA-Flotte an mehr als 80 Standorten präsent - auch in mehreren Gemeinden im Umkreis der Großstadt. „Carsharing ist ein Renner“, erklärt Fergg. „Wir kommen fast nicht hinterher, Standorte zu suchen und Autos anzuschaffen.“ Mittlerweile gebe es rund 5500 Nutzer des Angebots.

          Kostenloser ÖPNV im Stadtzentrum

          Zum Jahreswechsel wird zudem das Tram- oder Busfahren im Stadtzentrum kostenlos. In einem Bereich, der neun Straßenbahnhaltestellen umfasst, muss dann kein Ticket mehr gelöst werden. Nachdem es Anfang 2018 massiv Ärger in Augsburg gab, weil durch eine Tarifreform für viele Innenstadtbewohner die Fahrpreise teils verdoppelt wurden, wird es nun für etliche Bürger billiger: Sie können dank der Gratis-Zone künftig mit einem Kurzstreckenticket statt mit einem normalen Fahrschein fahren.

          Die Stadtwerke gehen von Einnahmeverlusten in Höhe von 800.000 Euro pro Jahr aus. Die Stadtverwaltung hat einen Fördertopf des Freistaats angezapft, um diese Kosten auszugleichen. Fergg sieht das Angebot auch als Werbung für den Nahverkehr, um überzeugten Autofahrern Busse und Bahnen schmackhaft zu machen. Wer bislang mit dem Auto in die Stadt fahre, könne künftig ganz leicht auch einmal den öffentlichen Nahverkehr testen.

          Die oberbayerische Kreisstadt Pfaffenhofen an der Ilm hatte schon im Dezember 2018 kostenloses Busfahren eingeführt. Um zu ermitteln, wie das Angebot angenommen wird, wurde nach etwa zwei Monaten eine Zählung der Fahrgäste durchgeführt. Ergebnis war, dass in einem Zwei-Wochen-Zeitraum etwa doppelt so viele Nutzer wie zuvor mit den Stadtbussen unterwegs waren.

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