Seit 28 Jahren keine Rezession : Australien spürt Gegenwind
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Sturm in Sydney im vergangenen November Bild: Reuters
Australien ist ein wirtschaftliches Phänomen: Seit 28 Jahren erlebte das Land keine Rezession mehr. Doch nun beginnt auch der Wachstumsweltmeister zu schwächeln.
Auch Stars schwächeln manchmal: Wachstumsweltmeister Australien muss einen empfindlichen Rücksetzer hinnehmen. Nachdem es im vergangenen Quartal nur noch um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal zulegte, lag die Wachstumsrate im Jahresvergleich bei nur noch 2,3 Prozent. Im Jahr zuvor hatte die Rate noch bei 2,7 Prozent gelegen. Der Australische Dollar verlor nach Veröffentlichung der Daten und pendelt mit 0,7052 um den schwächsten Stand seit zwei Monaten gegenüber dem amerikanischen Dollar. Gleichwohl bleibt der Fünfte Kontinent das „lucky country“: Er wächst seit 28 Jahren ohne Rezession.
Die Notenbank hatte mit einem Quartalswachstum von 0,6 Prozent kalkuliert. Notenbankgouverneur Philip Lowe sagte am Morgen in Sydney, der Rückgang der Hauspreise um gut 10 Prozent in den Metropolen der Ostküste sei zwar deutlich zu spüren, bedeute aber keine Gefahr für die Volkswirtschaft – er ginge vor allem zurück auf die starke Einwanderung bei zu geringer Bautätigkeit. Sie habe zu spät eingesetzt und laste nun im falschen Moment auf den Immobilienpreisen.
Zudem verspüre Australien dasselbe Phänomen, wie andere Volkswirtschaften rund um die Erde: „Der Arbeitsmarkt ist stark, es gibt freie Stellen und eine niedrige Arbeitslosenrate.“ Zugleich aber schwäche sich das Wachstum spürbar ab. „Wir versuchen mit großem Aufwand, dieses Phänomen zu erklären“, sagte Lowe. Der Bausektor schwächelt, die Landwirtschaft leidet unter Trockenheit, der Konsum leidet. Immer wieder liegt Australien zudem mit seinem wichtigsten Kunden China über Kreuz.
Die Notenbank hat den Leitzins mit 1,5 Prozent Mitte 2016 auf ein Rekordtief gestellt. „Wir besitzen die Beweglichkeit, die Zinspolitik in jede notwendige Richtung zu drehen“, sagte Lowe am Morgen auf dem Wirtschaftsgipfel des Australian Financial Review. Am Tag zuvor hatte Ministerpräsident Scott Morrison dort noch vor einer drohenden Rezession gewarnt, falls Labor die heraufziehenden Wahlen gewinnen werde. Deren Führer und Kandidat als Regierungschef, Bill Shorten, erwiderte am Mittwoch dann, das Land sei tief gespalten. Es brauche eine deutliche Anpassung der Löhne, um die Kaufkraft wieder zu erhöhen. „Die Wahl wird eine Abstimmung über das Lohnniveau“, drohte Shorten.
Notenbankgouverneur Lowe hatte ihm zuvor zugestimmt, dass die Löhne in Australien hinter der wirtschaftlichen Entwicklung zurückgeblieben seien. Vor allem aber sei es notwendig, dass die Unternehmen mehr Geld in Forschung und Entwicklung steckten, um sich auf die Zukunft vorzubereiten. In den Worten von Kandidat Shorten hatte es geheißen: „In den nächsten 20 Jahren werden wir mehr Veränderungen erleben, als in den hundert Jahren zuvor. Wir müssen massiv in Ausbildung investieren.“