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Früherer Audi-Chef vor Gericht : Rupert Stadler rechtfertigt sich mit Zeitnot und Stress

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Rupert Stadler (Mitte) am Dienstagmorgen im Gerichtssaal in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim in München Bild: EPA

Der frühere Audi-Chef gibt im Strafprozess vor dem Landgericht München am Dienstag einen detaillierten Einblick in die Arbeit eines Vorstandsvorsitzenden. Kann die Einlassung das Gericht im Diesel-Skandal überzeugen?

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          Der frühere Audi-Chef Rupert Stadler hat dem Landgericht München am Dienstag einen detaillierten Einblick in die alltägliche Arbeit, den übervollen Kalender und die Zeitnot eines Vorstandsvorsitzenden gegeben. Die Anklage wirft ihm vor, er hätte es ab September 2015 zumindest für möglich gehalten, dass auch in Europa Dieselautos mit geschönten Abgaswerten verkauft wurden. Trotzdem habe er Produktion und Verkauf gut ein Jahr lang weiterlaufen lassen.

          Das Landgericht geht nach Aktenlage bisher davon aus, dass Stadler Betrug an den Autokäufern nicht durch aktives Tun, sondern durch Unterlassen anzulasten sei. Im Fall einer möglichen, späteren Verurteilung müsste die Strafkammer dann eine mildere Strafe gegen Stadler verhängen. 

          Stadler trug der Kammer am Dienstag eine Stunde lang vor, was er als Audi-Vorstandschef und VW-Vorstandsmitglied alles um die Ohren hatte. Bis zu 200 E-Mails täglich an seine Mailadresse in der Firma seien bei seinem Sekretariat eingegangen, einen großen Teil davon habe er nie gesehen. Termine seien ständig verschoben, gekürzt oder abgesagt worden, in seinem Büro in Ingolstadt sei er bestenfalls ein paar Stunden pro Woche gewesen.

          Keine Erinnerung an Problem mit Abgasreinigung

          Im Jahr hätten ihn höchstens zehn „blaue Meldungen“ über Probleme persönlich erreicht. Er habe keine Erinnerung, dass an dem Schadentisch, wo Probleme besprochen wurden, auch er selbst mit dem Problem der Abgasreinigung befasst gewesen sei.

          Stadler ist zusammen mit drei ehemals leitenden Motorentwicklern angeklagt. Diese sollen mehr als 400.000 Dieselmotoren von 2008 an so manipuliert haben, dass sie Abgastests bestehen, auf der Straße aber mehr Stickoxide ausstoßen. Stadler soll nach Aufdeckung des Skandals durch die amerikanische Umweltbehörde im September 2015 von der Sache erfahren, aber Produktion und Verkauf manipulierter Autos in Europa erst im Januar 2018 gestoppt haben.

          Seine Anwältin Ulrike Thole sagte am Dienstag, die Anklage sei „wenig konturiert“. Der Anwalt des angeklagten Ingenieurs Pamio P. warf dem Gericht vor, trotz Corona-Pandemie den Prozess weiterzuführen, sei unverantwortlich und gefährlich. Er dürfe so nicht länger stattfinden. Der Vorsitzende Richter sagte, der Saal in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim entspreche allen Anforderungen.

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