Generationenungerechtigkeit : Harter Aufstieg
- -Aktualisiert am
Früher undenkbar: Wer heute jung ist, leistet sich Abenteuerurlaub in der Ferne. Bild: plainpicture/Design Pics/Micah W
Wer gute Arbeit macht, kann sich vom Lohn ein kleines Vermögen aufbauen. So war es einmal. Für die junge Generation wird das viel schwieriger, als es für die Babyboomer war.
In der Familie Mönkemann, hoch im Norden, ist eine jede Generation unumstößlich davon überzeugt, dass es die anderen besser hatten als sie selbst. Hier im Norden ist die Mentalität so, dass man gern das Schlechte sieht – es mag am Wetter liegen.
Da wären also die Großeltern, Jahrgang 1928, von denen die Frau noch lebt, des weiteren die Elterngeneration, geboren in den Fünfzigern, und derer einer Sohn, Jahrgang 1980. Was sagen sie übereinander, wenn man sie fragt, wer wirtschaftlich die allerbesten Zeiten erleben durfte? Der Sohn dieser idealtypischen Familie ärgert sich zunächst einmal fürchterlich über die kräftige Rentenerhöhung von dieser Woche, wo doch die Babyboomer bald in Rente gehen und die Lasten für die Jungen steigen. Er meint, seine Großeltern hätten es vergleichsweise paradiesisch leicht gehabt, eine Menge anzusparen: Wirtschaftswunder, Bauland zum Schnäppchenpreis, fette Jahre, Zinseszins.
Am härtesten hat es immer die eigene Generation erwischt
Seine Großmutter aber, die alte Frau Mönkemann, wird es völlig anders sehen. Ihre Rente ist zwar ziemlich üppig. Sie lebt auch im übergroßen Eigentumshaus und bekommt eine Rente, die sich noch an ihrem früheren Bruttoeinkommen bemisst, was es schon seit der Blüm-Reform nicht mehr gibt. Als sie noch trittsicher im Sand spazieren konnte, verbrachte sie alle Winter an der Costa del Sol, seitdem sie mit sechzig in Rente ging. So gut wird er es finanziell niemals haben, wenn er alt ist, ahnt ihr Enkel, der sich mit Tochter, Frau, vielen Dienstreisen und kleiner Stadtwohnung schwertut. Doch die Großmutter würde sagen: Wir hatten den Krieg, durften nicht studieren, der erste Urlaub 1952 ging an die Mosel, das war die Flitterwoche. Ihr Enkel käme nicht auf die Mosel. Da fährt er vielleicht für ein Wochenende hin mit seiner Tochter, aber die Hochzeitsreise ging auf die Malediven. Gegessen wird beim Italiener; Kino und Konsum gehören zum Alltag. Die einen mussten noch die Ärmel hochkrempeln und haben es geschafft, fünf Kinder durchzubringen, die anderen sehen sich ganz anderen Arbeitsstressbelastungen ausgesetzt, der Digitalen Revolution, der permanenten, globalisierten Unsicherheit.
Dieser Text ist Teil unserer Serie „Arm und Reich“. Mehr dazu finden Sie auf unserer Themenseite zum Thema Ungleichheit.
Am besten von allen drei Generationen der Familie Mönkemann, die so gern vergleicht, muss es also Frau Mönkemann gehabt haben, geboren zum Beispiel: 1954. Sie bekam ohne besondere Anstrengungen in der Schule problemlos einen Studienplatz: die Bildungsexpansion. Sie wurde Beamtin, bekam ein einziges Kind, mit dem sie zwei große Reisen im Jahr unternahm– Karibik, Mykonos. Doch auch sie schüttelt erregt den Kopf, wenn man sie fragt, ob sie einer goldene Generation angehört habe. Sie hätte immer hart gearbeitet, und den wahren Reichtum hätten doch „andere“ aufgebaut, nicht die Beamten.
Es bringt nichts, die Leute zu fragen, welche Generation es wirtschaftlich am besten hatte. Es ist längst erwiesen, dass die Menschen sich mit denen vergleichen, die es besser hatten, und ein Hang zum Jammern sehr verbreitet ist. Nicht nur im Norden. Also muss man die Statistiker fragen.
Junge Ostdeutsche haben es besonders schwer
Der Volkswirt, der sich in Deutschland wohl am besten mit Fragen von Generationenungerechtigkeiten auskennt, sitzt in Berlin. Hier ist Timm Bönke ein Juniorprofessor an der Freien Universität. Als Juniorprofessor erklärt es sich von selbst, dass auch er Geschichten davon erzählen kann, wie schwer es einige in seiner Generation haben: insbesondere diejenigen, die in Städten wohnen, in denen Immobilienpreise und Mieten explodieren – die aber leider kein Erbe erwarten.