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Programmentwurf : Auch die CDU will eine zusätzliche Pflegeversicherung

Teure Pflege: Viele ältere Menschen sind auf mobile Hilfen wie einen Rollstuhl angewiesen. Bild: dpa

Anreiz könnte ein Steuernachlass ein. Eltern sollen Staatshilfen für die Rentensparpläne ihrer Babys erhalten. Gleichzeitig soll aber das Renteneintrittsalter steigen, und auch die Rückkehr der Praxisgebühr droht.

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          Die CDU will in Ergänzung zur gesetzlichen Absicherung eine zusätzliche Pflegeversicherung einführen, um die Finanzen zu stabilisieren. Das geht aus einem Entwurf der Fachkommission „So­ziale Sicherung“ für das Grundsatz­programm der Partei hervor, welcher der F.A.Z. vorliegt. „Mit Blick auf den demographischen Druck im System wollen wir bezahlbare Pflegezusatzversicherungen einführen“, steht dort. Anders als kürzlich von den Privatversicherungen postuliert, soll es aber keine obligate private Ergänzung hin zur Vollversicherung geben. „Wir stehen für mehr Eigenvorsorge und wollen die Pflegeversicherung als Teilkaskover­sicherung erhalten“, heißt es in dem Elfseiter des Gremiums, das von Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer geleitet wird. Vize ist der nordrhein-westfälische Arbeits-, Sozial- und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann.

          Christian Geinitz
          Wirtschaftskorrespondent in Berlin

          Damit werden immer mehr Details des neuen CDU-Programms deutlich, über das die Leiter der zehn Fachkommissionen mit Parteichef Friedrich Merz und dessen Vize Carsten Linnemann zu Himmelfahrt am Comer See in Norditalien beraten wollen. „Die zusätzliche Pflegevorsorge muss so attraktiv und für jedermann bezahlbar bleiben, dass eine Versicherungspflicht nicht erforderlich ist“, sagte das Kommissionsmitglied und der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge, der F.A.Z. Wer aber privat rechtzeitig vorsorge, „sollte dafür bei Steuern oder Sozialabgaben einen Vorteil erhalten“.

          Die Zusatzversicherung könnte den Großteil der Pflegerisiken absichern, Härtefälle müssten dafür Hilfe erhalten. Sorge appellierte an die Minister für Gesundheit und Finanzen, Karl Lauterbach (SPD) und Christian Lindner (FDP), „ihre Haushaltsblockade endlich zu beenden“ und wie ver­abredet die versicherungsfremden Leis­tungen in Gesundheit und Pflege aus Haushaltsmitteln zu tragen; allein für die Pflege seien das 10 Milliarden Euro. Auch in der Gesetzlichen Krankenversicherung entstehen trotz eines Bundeszuschusses von bis zu 27 Milliarden Euro jedes Jahr neue Milliardendefizite.

          Differenzierte Eigenbeteiligung

          Die solidarische Beitragsfinanzierung soll aus CDU-Sicht bestehen bleiben, doch jenseits der versicherungsfremden Leistungen müsse der Steuerzuschuss aus Gründen der Generationengerechtigkeit ge­deckelt werden. Nötig seien „Modelle mit differenzierter Eigenbeteiligung“. Konkret heißt es: „Die Wiedereinführung einer Praxisgebühr wollen wir diskutieren.“ Sorge stellte klar, die frühere Gebühr bis 2012 sei zwar ein „Fehlschlag“ gewesen, dennoch müsse man das „Kosten­bewusstsein“ stärken und gegen die „Flatrat-Mentalität“ vorgehen, die „bis in die Notaufnahmen reicht“. Wer wirklich Hilfe brauche, müsse besser versorgt werden. „Offensichtlich unnötige Arzt- und Klinikbesuche dürfen aber nicht allein auf Kosten der Allgemeinheit gehen.“

          In Kliniken seien eine flächendeckende Grund- und Notfallversorgung, aber auch „Kapazitätsbündelungen“ nötig. Ambulant soll für gesetzlich Versicherte der Hausarzt, nicht der Facharzt erster Anlaufpunkt sein. „Wer an einem Hausarzt­mo­dell teilnimmt, könnte dafür in Zukunft einen Vorteil erhalten“, kündigte Sorge an, „beispielsweise einen jährlichen Bonus oder einen Abzug beim Zusatzbeitrag“. Für Privatpatienten will die CDU die seit Langem nicht erhöhte Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) modernisieren.

          Zur Systemstabilisierung insgesamt sieht der Entwurf „Qualifikationsoffensiven und Fachkräftezuwanderung“ genauso vor wie mehr Digitalisierung, Künst­liche Intelligenz und Robotik, auch in der Pflege: „Entscheidend ist ein zwingend notwendiger Paradigmenwechsel hin zu mehr Eigenverantwortung, aufbauend auf Prävention und Erhalt der Gesundheit.“ Das Thema soll in Kindergärten und Schulen Einzug halten, ein „betrieb­liches Gesundheitsmanagement muss zur Selbstverständlichkeit werden“.

          Für die Rente regt die Union ein höheres Eintrittsalter an. Bisher steigt es bis 2030 auf 67 Jahre. Von 2031 an sollte man die Regelaltersgrenze im Verhältnis eins zu zwei an die statistische Lebenserwartung koppeln. Für jedes gewonnene Le­bensjahr erhöhte sich die Regelaltersgrenze dann um 4 Monate, für 3 Jahre also um ein Jahr. Die Kommission wünscht überdies, „dass alle Arbeitnehmer eine kapitalgedeckte Vorsorge ha­ben“. Dafür seien Betriebsrenten und private Modelle enger zu verzahnen. Für Ge­ringverdiener müsse es verpflichtend eine paritätisch finanzierte Betriebsrente ge­ben. Der Staat solle für jedes Neugeborene Startkapital zur Verfügung stellen, da­mit Eltern ein Standardrentenprodukt be­sparen können.

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