
Angela Merkel : Die Energiekanzlerin
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Angela Merkel zieht die Koordination des Umbaus der Stromversorgung an sich. Das ist eine Machtverschiebung mit Folgen.
Am Mittwoch sind die vielfach geäußerten Wünsche nach klareren Strukturen in der deutschen Energiepolitik und einer eindeutigen Verantwortung für die Verwirklichung der „Energiewende“ in Erfüllung gegangen: Die Bundeskanzlerin zieht die Koordination des Umbaus der Stromversorgung an sich. Deutschlands neuer Energieminister heißt Angela Merkel. Das ist eine Machtverschiebung mit Folgen, die in ihrer Tragweite noch nicht absehbar ist.
Unter Merkels Führung werden sich die Ministerpräsidenten der Länder künftig mindestens halbjährlich treffen, um Fortschritte und Versäumnisse beim Ausbau der Stromnetze und der regenerativen wie konventionellen Kraftwerke zu bilanzieren. So ein Lenkungsausschuss für die Energiewende ist keine schlechte Idee. Denn die größte Hürde für die beabsichtige völlige Neugestaltung der deutschen Energieinfrastruktur ist der deutsche Föderalismus: Im Süden drohen die Länder mit abstrusen Vorschlägen für Energieautarkie, im Norden und in der Mitte kommt der Ausbau der Stromnetze nicht voran.
Die Fronten gehen quer durch das Farbspektrum der politischen Blöcke, was parteipolitische Instrumentalisierung mit dem Ziel einer Schwächung der Koalition nicht ausschließt. Deshalb ist es sinnvoll, die Entscheidungsträger an einen Tisch zu rufen. Sie sind, in Merkels Worten, der „Kern der Koordinierung“. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass die Stromversorgung stabil bleibt und die Kosten nicht durch die Decke gehen.
Es wird aber nicht reichen, die Arbeit von Bund und Ländern besser abzustimmen. Mehr Koordination braucht die Regierung auch selbst. Da mag der Personalaustausch im Bundesumweltministerium ein wenig helfen. Doch betrifft Merkels Einmischung eben auch die wichtigste politische Baustelle von Vizekanzler Philipp Rösler. Der angezählte FDP-Chef muss in der Energiepolitik nun gleichzeitig mit und gegen Merkel arbeiten, um sich zu profilieren. Das dürfte zu Reibungen in der Koalition führen.
Für Merkel ist das Konzept nicht ohne Risiko. Sie gibt der Energiewende nun ihr Gesicht. Zwar erweist sie sich wieder mal als Frau der Tat, doch könnten ihr die bei einem Projekt dieser Größenordnung unvermeidlichen Fehlschläge und Versäumnisse künftig persönlich angerechnet werden. Das zeigt schon das Treffen mit den Ministerpräsidenten. Jenseits der Verabredung auf einen Arbeitskreis scheint dabei nicht viel herumgekommen zu sein.