Nach Sitzungsmarathon : Auf diese Kompromisse hat sich die Ampel geeinigt
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Christian Lindner, Ricarda Lang und Lars Klingbeil am Dienstagabend im Reichstag. Bild: dpa
Heizungen, Straßenbau und Schienennetz: Nach zweieinhalb Tagen mit intensiven Verhandlungen hat die Ampelkoalition einige große Streitpunkte abgeräumt. Die wichtigsten Vorhaben und Pläne im Überblick.
Nach zweieinhalb Tagen mit intensiven Verhandlungen hat sich die Koalition am Dienstagabend auf umfassende Reformen im Klima- und Umweltschutz, bei der Beschleunigung von Großvorhaben und der milliardenschweren Sanierung des maroden deutschen Schienennetzes geeinigt. Dabei konnten vor allem die großen Streitpunkte zum schnelleren Ausbau von Autobahnen und der Pflicht zum Einbau von Wärmepumpen abgeräumt werden. „Es sind große, weitgehende Beschlüsse zur Modernisierung des Landes“, sagte SPD-Parteichef Lars Klingbeil bei der Präsentation der Ergebnisse. „Wir legen die Grundlage dafür, dass Deutschland ein starkes, erfolgreiches Land bleibt.“ Deshalb habe das „eine oder andere“ länger gedauert.
Die Lösung für die Heizungen
Beim größten Aufreger der vergangenen Wochen wird Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nachbessern müssen. Die von ihm vorgesehene Pflicht zum Einbau von Wärmepumpen ab dem kommenden Jahr wird erheblich aufgeweicht. Der entsprechende Gesetzentwurf wird gegenwärtig „im Ressortkreis überarbeitet“, heißt es vielsagend in dem 16-seitigen Papier mit dem Titel „Modernisierungspakt für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung“. Statt dem einseitigen Fokus auf Wärmepumpen soll das Gesetz einen „technologieoffenen Ansatz“ verfolgen. Nach den Aussagen von FDP-Chef Christian Lindner bedeutet dies, dass künftig auch fossile Heizungen erlaubt sein sollen, sofern sie etwa mit Wasserstoff betrieben werden können. „Es wird keine Austauschpflicht für bestehende Heizungen geben, sondern lediglich Vorgaben für neu eingebaute Heizungen“, stellte Lindner klar.
Außerdem werde man bei bestimmten Alters- und Einkommensgruppen Ausnahmen machen und ausreichende Übergangszeiträume vorsehen. Damit die Bürger nicht überfordert würden, werde die Koalition prüfen, wie der „ambitioniertere Austausch von Öl- und Gasheizungen gezielt und bürokratiearm aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziell gefördert werden kann“, heißt es in dem Ampel-Papier. Und zum Schluss: „Niemand wird im Stich gelassen.“ Der Bundestag soll das überarbeitete Gesetz noch vor der Sommerpause verabschieden.
Die Lösung für den Straßenbau
Ähnlich vorbelastet ging die Koalition in die Verhandlungen um die Planungsbeschleunigung großer Bauvorhaben. Schon seit Dezember hatten sich vor allem FDP und Grüne in ihrem Streit verhakt, welche Infrastrukturprojekte künftig von Behörden und Gerichten priorisiert werden sollen, um die jahrelangen Planungszeiten zu halbieren. Einig war sich die Koalition bei der Frage, dass bei Windkraftanlagen, Schienen und vor allem bei rund 4000 maroden Brücken ein schnelleres Tempo erreicht werden müsste. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) pochte jedoch darauf, dass auch der Straßenbau bevorzugt behandelt werden müsse: Schließlich ist die Straße heute und auch in Zukunft der wichtigste Verkehrsträger – sowohl für den privaten Verkehr als auch für den stetig wachsenden Güterverkehr.
Nun hat die Koalition vereinbart, nicht alle Straßenbauprojekte unter das neue „Deutschlandtempo“ zu fassen: Für den beschleunigten Bau von Autobahnen hat sich die Koalition auf eine Liste von 144 besonders dringlichen Projekten geeinigt, die bereits im Bundesverkehrswegeplan beschlossen und teils schon begonnen wurden. Das betrifft Projekte der Engpassbeseitigung, die schon als „vordringlich“ oder „fest disponiert“ eingeplant sind. Dieser Vorschlag stand bereits beim letzten Koalitionsausschuss im Raum, die Grünen haben es damals jedoch noch nicht über sich gebracht, dem zuzustimmen. Jetzt soll ein direkter Zusammenhang zur Förderung der Solarenergie helfen. „Alles was in Deutschland gebaut wird, wird künftig mit Solar verbunden“, betonte die Grünen-Chefin Ricarda Lang. Den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wird auch das nicht erfreuen. Schon im Vorfeld verwies er darauf, dass durch die 144 Projekte etliche Naturschutzgebiete und insbesondere Moore betroffen wären.