Amerikas Automarkt : Der Traum von Tesla & Co.
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Elegant geht anders: Ein Ford F-150 verlässt das Werk. Bild: Reuters
Trotz umfangreicher Subventionen haben Ökoautos es schwer. Denn die Amerikaner stehen immer mehr auf Pickup-Trucks.
Alle reden von Tesla und den wunderbaren Elektroautos, doch der Trend geht in die entgegengesetzte Richtung: Schwere spritfressende Autos sind gefragt. Die an der Börse ungefähr genauso hoch wie Tesla bewertete Ford Motor Company hat im April dieses Jahres allein 73.104 sogenannte Pick-Up Trucks der F-Serie verkauft. Das ist das beste Ergebnis für diese Fahrzeugklasse seit 2000.
Das Ergebnis leuchtet umso mehr, weil das Unternehmen bei anderen Modellen kräftigen Einbußen erlitt: Bei den stadttauglichen Geländewagen (SUVs) und noch stärker bei den ganz normalen Limousinen, deren Absatz um 15 Prozent einbrach.
In den Absatzzahlen der Modellpalette spiegelt sich ein großer Trend im amerikanischen Autohandel: Die Leute wollen große, geräumige Autos, Emissionen sind Nebensache. Der Alltag in den Autohäusern sieht so aus: Rund 42 Prozent der verkauften Fords sind Pick Up-Trucks oder schwerere Transportfahrzeuge, 34 Prozent gehören in die SUV-Klasse und nur der Rest von 24 Prozent sind klassische Limousinen vom Focus über den Fiesta bis zum Mustang.
Ford ist nicht allein: Das mit Abstand absatzstärkste Fahrzeug des Autoriesen General Motors ist der Pickup-Truck Silverado. Von diesem Modell verkauften das Unternehmen in den ersten drei Monaten 135.500 Fahrzeuge, vom hochgelobten Elektroauto Bolt der Firma wurden in dieser Zeitspanne lediglich 4300 an den Mann und die Frau gebracht.
Tesla lieferte im ersten Quartal knapp 9000 Stück des Dreier-Modells und von allen drei Modellen zusammen 30.000 Autos aus. Die Firma war sehr stolz auf den Erfolg des Model 3 und sagte, wenn sich die Verkäufe so weiter entwickelten, werde das Modell den Ford T überflügeln. Das war das erste Auto, das Henry Ford ab 1908 vom Fließband ließ.
Fast zehn Liter Durchschnittsverbrauch
Heute verzeichnet Tesla stattliche Zuwächse auf niedrigem Niveau und die Pickup-Trucks haben ordentliche Zuwächse auf hohem Niveau. Dicke Autos haben ein Problem: Sie verbrauchen tendenziell mehr Treibstoff als kleine Autos und jagen deshalb mehr Treibhausgase in die Luft.
Seit dem Jahr 2008 sank der Treibstoffverbrauch der amerikanischen Fahrzeugflotte. Doch 2014 endete der Trend plötzlich. Das amerikanische Durchschnittsfahrzeug verbraucht seitdem 9,41 Liter auf 100 Kilometer, legen für Wissenschaftler Michael Sivak und Brandon Schoettle von der Universität von Michigan in langjährigen Reihenuntersuchungen dar.
Abgesehen davon, dass die amerikanische Kundschaft große Autos offenbar cool und praktisch findet, haben die Wissenschaftler drei Faktoren identifiziert, die mit dem Trend zu großen Auto zumindest korrelieren: Niedrige Arbeitslosigkeit, Durchschnittseinkommen und Benzinpreis. Sivak glaubt, dass der niedrige Benzinpreis der Hauptfaktor war. Heute kostet es kaum mehr, einen fetten Pickup mit Treibstoff zu füllen als es vor wenigen Jahren gekostet hatte einen Kleinwagen voll zu tanken. Die Neigung zu den großen Autos frisst die Effizienzfortschritte im Verbrauch aus.
Dabei sind die Absatzzahlen durch staatliche Eingriffe sogar noch deutlich verfälscht. Washington und verschiedene Bundesstaaten begünstigen mit Auflagen und Verkaufsanreizen den Kauf von verbrauchsärmeren Autos, Elektro- und Hybridfahrzeugen. Für reine Elektroautos bietet der Bund eine Steuergutschrift in Höhe 7500 Dollar, viele Bundesstaaten geben zusätzliche Steuernachlässe bis zu 3000 Dollar.
Tesla als Emissionrechte-Händler
Und damit nicht genug. Das einzige Produkt, mit dem Tesla bisher Gewinn macht, sind Emissionszertifikate. Der Bundesstaat Kalifornien, der Sitz von Tesla, hat das sogenannte Zero Emission Vehicle Credit-Programm erfunden: Es verlangt von allen großen Autoherstellern, dass grob zwei Prozent aller ihrer in Kalifornien verkauften Fahrzeuge emissionsfrei sein müssen.
Rund ein Dutzend Bundesstaaten sind dem Beispiel gefolgt. Das Prinzip geht so: Für jedes saubere Auto gibt es eine Gutschrift je nach Leistungsfähigkeit der Batterie und anderen Öko-Kriterien. Für einen verkauften Tesla gibt es besonders hohe Gutschriften. Autoproduzenten, die dieser Auflage nicht folgen können, können sich die Gutschriften von einem Produzenten besorgen, der davon mehr als genug hat.
Der einzige Kandidat mit notorischen Überschüssen ist Tesla, der wenigstens in diesem Bereich Gewinne schreibt. Im zweiten Quartal des Vorjahres verkaufte die Firma Gutschriften für 100 Millionen Dollar mit extremer Marge, im ersten Quartal dieses Jahres lagen die Erlöse bei 50 Millionen Dollar.
Die staatliche Förderung verbrauchsarmer Autos geht aber noch weiter auf indirekte Weise: Die Bundesregierung hat der Autoindustrie Verbrauchsstandards für ihre verkauften Fahrzeugflotten vorgeschrieben. Wenn ein Hersteller die Standards verfehlen droht, kann er die sauberen Autos seiner Modellpallette besonders billig machen. Genau das passiert.
Emissionen werden kaum sinken
Die staatlichen Förderprogramme sind gut begründet, wenn sie auch ihre Wirkung verfehlt haben: Amerika wollte, bisher zumindest, seinen Ausstoß von Treibhausgasen senken. Amerikas Autofahrer produzieren immerhin ein Viertel der Treibhausemissionen des Landes. Doch der erwünschte Erfolg blieb bisher aus. Und es gibt keine Aussicht auf Besserung: Präsident Donald Trump hat sein Umweltbundesamt angewiesen, rechtliche Schritte gegen die Verbrauchsstandards seines Vorgängers Barack Obama einzuleiten.
Allein der langsam steigende Benzinpreis könnte Elektroautos voranbringen. Und natürlich Tesla, der Autohersteller des bereits legendären Unternehmers Elon Musk. Er hat Mittwochabend neue Zahlen präsentiert, die ausweisen, dass Tesla mehr Geld verbrennt als von Experten kalkuliert. Das Unternehmen schrieb einen Verlust von 710 Millionen Dollar bei Umsatzerlösen in Höhe von 3,4 Milliarden Dollar.