Vereinigte Staaten gegen China : Alles ist angerichtet für einen Handelskrieg
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Finanzkrise löst Protektionismus aus
Die Finanzkrise hatte offenbar starke psychologische Konsequenzen. China blieb weitgehend unberührt. Von Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds wurde das Land zum Retter der Weltkonjunktur stilisiert. In einem überparteilichen Bericht, den renommierte Präsidentenberater und China-Fachleute im Februar veröffentlicht haben, heißt es warnend, dass Ereignisse im Zusammenhang mit der Finanzkrise den Nationalstolz der Chinesen und ihre Entschlossenheit verstärkt haben, ihre eigenen Interessen gegen Nachbarländer und die Vereinigten Staaten durchzusetzen. Der Bericht sieht einen starken Anstieg des Protektionismus in China seit 2008. Staatskonzerne würden gestützt, ausländische Firmen diskriminiert. Die chinesische Regierung unterminiere langjährige Beziehungen.
Die zumindest von den Amerikanern so wahrgenommene Diskriminierung blieb nicht folgenlos. Cato-Experte Ikenson sieht die Vertreter von Amerikas multinationalen Konzernen, die Chinas wichtigste Fürsprecher in den Vereinigten Staaten waren, entmutigt. Nach Jahren der Drangsalierung durch chinesische Behörden zeigen sie sich weniger gewillt, für das Land Partei zu ergreifen.
Das sind nicht die einzigen Freunde, die China verloren hat. Auch die natürlichen Verbündeten, die Ökonomen, sind zuletzt etwas schweigsam geworden. Dazu beigetragen hat ein Aufsatz der drei Autoren David Autor, David Dorn und Gordon Hanson mit dem Titel: „Der China-Schock“. Die Arbeit war für die Deutung des internationalen Handels so wirkmächtig wie die Arbeiten des Ökonomen Thomas Piketty zur Ungleichheit. Die Quintessenz der Studie lautet, dass Amerikas Arbeiter in Regionen, die besonders stark von chinesischer Importkonkurrenz betroffen waren, oft den Anschluss verloren. Sie fanden nach Stellenverlust selten adäquaten Ersatz, ihr Einkommen schrumpfte in der Regel. Sie wurden krank, fanden seltener eine Frau und starben früher. Kurz, der China-Schock hat die amerikanischen Arbeiter viel härter getroffen, als von der ökonomischen Theorie nahegelegt wird.
Machte Chinas Importpolitik Trump zum Präsidenten?
Seit der Veröffentlichung dieser Studie versehen Ökonomen ihre Stellungnahmen zugunsten des Freihandels stets mit der Einschränkung, dass er neben seinen großen Vorzügen für Verbraucher auch soziale Kosten produziere. Autor, Dorn und Hanson veröffentlichten im November nach der Präsidentenwahl eine weitere Studie, die es in sich hatte. Die umkämpften Bundesstaaten Michigan, Wisconsin, Pennsylvania und North Carolina hätten Hillary Clinton gewählt, hätten sie nicht so stark unter chinesischer Importkonkurrenz gelitten.
So ist in Amerika eine neue Haltung zu China entstanden. Die Enttäuschung amerikanischer Konzerne und die Ernüchterung der Ökonomen vermählten sich mit dem Wirtschaftsnationalismus, den Donald Trump und einige seiner Berater propagieren. Der Präsident sieht das wachsende Handelsdefizit mit China als Zeichen, dass Amerika über den Tisch gezogen wird. Im Wahlkampf hatte er angekündigt, Chinas Importe mit 45 Prozent Zoll zu bestrafen und das Land als Währungsmanipulator zu brandmarken (was allerdings seit einigen Jahren nicht mehr der Realität entspricht).
Ende März setzte Trump den drohend klingenden Tweet ab, dass die Gespräche mit Xi sehr schwer würden. „Wir können nicht länger massive Handelsbilanzdefizite und Arbeitsplatzverluste hinnehmen.“ Amerikanische Unternehmen müssten sich bereitmachen, nach Alternativen zu suchen. Was der letzte Satz genau bedeutet, ließ Trump im Unklaren. Aber es klingt so, als ob die Konzerne sich auf einen Handelskrieg einstellen sollen. Chinesische Staatszeitungen hatten auf Drohungen aus Amerika reagiert, indem sie mögliche Gegenmaßnahmen skizzierten. Man könne ja europäische Airbus-Flugzeuge statt Boeing kaufen, den amerikanischen Farmern weniger Mais und Soja abnehmen oder chinesischen Studenten verbieten, an amerikanischen Universitäten zu studieren.
Gewöhnlich würde man erwarten, dass sich am Ende nüchterne Vernunft durchsetzt in zwei Wirtschaftsmächten, die wirtschaftlich so stark miteinander verflochten sind. Doch nicht nur Trumps Weltsicht und Temperament könnten dem entgegenstehen. Xi verfolgt trotz seiner Freihandelsrhetorik ebenfalls einen gnadenlosen Wirtschaftsnationalismus. Ein Handelskrieg könnte Xi sogar in die Karten spielen, mutmaßt Cato-Experte Ikenson. Er könnte dann anderen Mächten die Schuld geben für das schwächelnde Wirtschaftswachstum.