Gute Zahlen aus China : Altmaier halbiert Wachstumsprognose auf 0,5 Prozent
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Der Hafen in Qingdao hat viel zu tun: Chinas Wirtschaft wächst auch im ersten Quartal 2019 schnell. Bild: AP
Die Bundesregierung rechnet für 2019 nur noch mit 0,5 Prozent Wachstum. Doch gute Nachrichten aus China könnten auch die deutsche Wirtschaft ankurbeln – wenn der Handelsstreit nicht wieder eskaliert.
Chinas Wirtschaft wächst schneller als erwartet, die deutsche hingegen deutlich langsamer. Die Bundesregierung senkte am Mittwoch, wie erwartet, ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr auf nur noch 0,5 Prozent. Im Januar hatte die Schätzung noch 1,0 Prozent betragen, im Herbst 2018 1,8 Prozent. Für 2020 rechnet die Bundesregierung wieder mit einem Wachstum von 1,5 Prozent.
Dagegen legte die chinesische Volkswirtschaft im ersten Quartal um 6,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu, wie das Statistikamt am Mittwoch in Peking mitteilte. Das Wachstum zeigt sich damit im Vergleich zum letzten Quartal des vergangenen Jahres überraschend stabil.
Der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sieht in der Schätzung einen “Weckruf“ und sprach sich für Steuerentlastungen aus. Er erklärte die schlechtere Wirtschaftsentwicklung vor allem mit den Unsicherheiten wegen des Brexits und den Handelsstreitigkeiten mit Amerika. Die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, der Konsum der deutschen Verbraucher und die Bauwirtschaft würden die Wirtschaft aber stützen.
Auch in China hatten Experten wegen der negativen Auswirkungen des Handelskrieges mit den Vereinigten Staaten und anderer Unsicherheiten ein langsameres Wachstum erwartet. Doch zeigen die Steuersenkungen und andere Maßnahmen der chinesischen Regierung zur Ankurbelung der Wirtschaft ihre Wirkung. So stieg die Industrieproduktion im ersten Quartal um 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Einzelhandelsumsätze legten um 8,3 Prozent zu. Die Anlageinvestitionen, das heißt die Ausgaben unter anderem für Maschinen, Immobilien oder Infrastruktur, wuchsen um 6,3 Prozent.
Hoffnung für Deutschland
Von einem kräftigen Wachstum in China sollte auch die deutsche Wirtschaft profitieren können, die viel nach China exportiert und stark auf dem chinesischen Markt engagiert ist. „Der Wirtschaft geht es besser“, sagte die unabhängige chinesische Expertin Ye Tan. „Die Börse und der Immobilienmarkt entwickeln sich gut. Hinzu kommt die lockere Geldpolitik. All diese Maßnahmen kurbeln den Konsum an.“ Die Aussichten seien nicht schlecht: „Es gibt keine Anzeichen, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung dieses Jahr verschlechtert.“
Das Wachstum liegt auch im Rahmen der Vorgabe der Regierung mit 6,0 bis 6,5 Prozent für dieses Jahr, was gleichwohl so langsam wie seit fast drei Jahrzehnten nicht mehr ist. Zuvor hatte es allerdings auch schon andere erfreuliche Wirtschaftsdaten gegeben, so dass der Währungsfonds (IWF) seine Vorhersage für China in diesem Jahr jüngst von 6,2 auf 6,3 Prozent nach oben korrigiert hatte.
Die Organisation der Industrieländer (OECD) warnte jedoch, dass die Konjunkturmaßnahmen zwar kurzfristig das Wachstum in China voranbringen, aber langfristig die Bemühungen untergraben, die – auch für viele große OECD-Länder – hohe Schuldenlast zu reduzieren und strukturelle Verzerrungen zu korrigieren.
„Die Politik sollte sich auf langfristige Strategien konzentrieren, die Wirtschaft in Richtung höheren heimischen Konsums und Dienstleistungen zu bewegen, die Effizienz der Wirtschaft zu verbessern und sicherzustellen, dass zukünftiges Wachstum nachhaltiger, grüner und sozial gerechter ist“, heißt es in einer Stellungnahme der OECD zu ihrem neuen Jahresbericht über China.
Auswirkungen auf den Handelskonflikt
Im Handelskonflikt mit den Vereinigten Staaten könnte das stabile Wachstum zunächst die Verhandlungsposition Chinas stärken. Doch dürften ein Scheitern der laufenden Gespräche und eine folgende neue Eskalation der Sonderzölle schwere negative Auswirkungen haben, warnte die OECD. Darunter hätte auch die Weltwirtschaft noch weiter zu leiden, da China zu einem Viertel zum globalen Wachstum beitrage.
Die beiden größten Volkswirtschaft haben sich seit vergangenem Jahr gegenseitig mit Sonderzöllen überzogen. Inzwischen sind rund die Hälfte aller amerikanischen Einfuhren aus China mit zusätzlichen Zöllen belastet. Die Vereinigten Staaten wollen eine Verringerung des amerikanischen Handelsdefizits und fordern besseren Marktzugang, wirksameren Schutz gegen Produktpiraterie und zwangsweisen Technologietransfer. Auch stoßen sich die Vereinigten Staaten an staatlicher Förderung chinesischer Firmen, was den Markt verzerrt.
Sollte es keine Einigung in den andauernden Handelsgesprächen geben, drohen neue Strafmaßnahmen. Die amerikanischen Sonderzölle auf Importe aus China im Umfang von 200 Milliarden Dollar könnten dann von derzeit 10 auf 25 Prozent erhöht werden.