Verbot von Grundschleppnetzen : Krabbenfischer an der Nordsee kämpfen um ihre Existenz
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Teilnehmer einer Kundgebung stehen anlässlich der Agrarministerkonferenz zusammen. Bild: dpa
Die EU-Kommission will die Fischerei mit Grundschleppnetzen in Schutzgebieten verbieten. Deutschlands Krabbenfischer fürchten den Ruin. Nun sprach sich auch Agrarminister Özdemir gegen das Vorhaben aus.
„Keine Häfen ohne Kutter“, „Das Land zwischen den Meeren bald ohne Krabbenkutter?“, „Auflagen-Flut, Einkommens-Ebbe“: Anlässlich der Agrarministerkonferenz protestierten in den vergangenen drei Tagen zahlreiche Fischer mit ihren Kuttern an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste in Büsum. Grund dafür war das geplante Verbot der Grundnetzfischerei. Zum Schutz des Meeres und des Klimas will die EU-Kommission der Fischerei mit Grundschleppnetzen, also Netzen, die den Meeresgrund berühren, in Schutzgebieten bis 2030 ein Ende setzen. Viele Fischer fürchten daher um ihre Existenz.
Einstimmig gegen pauschales Verbot
Die Agrarminister von Bund und Ländern sprachen sich einstimmig gegen ein pauschales Verbot aus. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) zeigte sich zufrieden, dass ihm die Ressortverantwortlichen den Rücken gestärkt hätten, „um in Brüssel gegen ein pauschales Schleppnetzverbot und damit für die deutsche Krabbenfischerei zu kämpfen“, sagte er bei der abschließenden Pressekonferenz in Büsum.
„Wir teilen das Ziel, dass die Meere geschützt werden müssen“, sagte Özdemir. „Aber die Krabbenfischerei, das ist nicht unser Problem, die ist nachhaltig.“ Es gehe nicht nur um wirtschaftliche Existenzen, sondern auch um Tradition, Tourismus und Heimat. „Unsere Fischerei in Deutschland ist Existenzgrundlage für viele Menschen an der Küste und sichert Wertschöpfung in ländlichen Regionen weit über die Fischerei hinaus“, sagte er.
Meeresschützer kritisieren die Fangmethode mit Grundschleppnetzen, da sie den Meeresboden beschädige und unerwünschter Beifang in den Netzen lande. Die Netze werden von einem Kutter geschleppt und dienen zum Fangen von Krabben, Schollen und Fischen am Meeresboden oder in Bodennähe.
Wie stark der Boden geschädigt werde, ist laut Thünen-Institut vom Material des Grundtaus am Ende des Netzes abhängig. Nach Angaben des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums sei häufig Material ohne Ketten im Einsatz, das wenig Druck auf den Meeresboden ausübe.
Kritik von Umweltverbänden
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger kritisierte die Entscheidung. „Uns ist bewusst, dass die notwendigen Maßnahmen große Einschnitte für die Fischerei bedeuten“, sagte er. Gleichzeitig bleibe der EU aber keine andere Wahl. Sämtliche Umweltziele für die Nord- und Ostsee wurden verfehlt. Wie beim Klimaschutz brauche es nun „drastische Maßnahmen, um die biologische Vielfalt der Meere vor den Auswirkungen der Grundschleppnetze zu schützen und ihre Resilienz zu stärken“.
Auch der Leiter des WWF Wattenmeerbüros, Hans-Ulrich Rösner, übte Kritik am Beschluss. Von ihm gehe „ein grundfalsches Signal“ aus: „Natürlich gehört die Krabbenfischerei zur Nordsee, doch sie kann und muss umweltverträglicher und eben nicht überall betrieben werden.“ Dazu gehöre auch, Meeresschutzgebiete zu dem zu machen, was sie sein sollten – Schutzzonen, keine Wirtschaftszonen.
„Es gibt keine Alternative“
Aus Sicht vieler Fischer ist das Verbot unverhältnismäßig. „Wenn das durchgeht, ist es aus“, sagte Dirk Sander, Vorsitzender des Landesfischereiverbandes Weser-Ems. Für die Krabbenfischer gebe es keine Alternative. „Du kannst keine Krabbe im Wattenmeer und wo auch immer mit Netzen fischen, die nicht am Grund sind. Angeln kann man sie auch nicht.“ Der Verband fürchtet, dass die Zahl der Krabbenkutter weiter zurückgeht und künftig noch mehr Fisch nach Deutschland importiert wird.
Insgesamt standen 36 Punkte auf der Agenda der dreitägigen Agrarministerkonferenz, zu der neben den Fischern auch mehrere Hundert Landwirte für Proteste angereist waren. Neben dem geplanten Verbot von Grundschleppnetzen und dem Umbau der Tierhaltung wurde unter anderem noch über den Umgang mit Wolf und Gänsen, die Weidehaltung und eine mögliche Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in der EU diskutiert. Zu Beschlüssen, die alle zufriedenstellten, kamen die Minister nicht in allen Fällen.