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Myanmar : Kampf um burmesisches Kupfer

Die Auseinandersetzungen zwischen burmesischen Bauern und chinesischen Investoren spitzen sich weiter zu Bild: AP

Bauern wehren sich gegen chinesische Investoren und die Überbleibsel der Junta. Der Konflikt ist symptomatisch für die Auseinandersetzungen im von Generälen in Zivil geführten Burma.

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          Die Auseinandersetzungen zwischen burmesischen Bauern und chinesischen Investoren spitzen sich weiter zu. Beim Protest gegen die Landnahme für den Bau einer Kupfermine ist nun eine 50jährige Demonstrantin gestorben. Die burmesische Polizei hatte das Feuer auf die Demonstranten eröffnet, nachdem diese Steine geworfen und mit Schleudern geschossen hatten. Die Dörfler werfen dem chinesischen Investor Wanbao Mining vor, Land einzuzäunen, dass er noch nicht rechtmäßig erworben und bezahlt habe. Wanbao entwickelt die Mine gemeinsam mit der staatlichen Union of Myanmar Economic Holdings. UMEH wurde 1990 von den Militärs als eines ihrer Konglomerate zur Ausbeutung des Landes gegründet.

          Christoph Hein
          Wirtschaftskorrespondent für Südasien/Pazifik mit Sitz in Singapur.

          Die Auseinandersetzungen um die Kupfermine Letpadaung reichen weit zurück. Zwischenzeitlich war Oppositionsführerin Ang San Suu Kyi von der Regierung als Vermittlerin eingesetzt worden. Es war eine schwierige Position für die Friedensnobelpreisträgerin, bei der sie eigentlich nur verlieren konnte. Im November 2012 hatte die Polizei mit Phosphorgeschossen auf Demonstranten geschossen, auch die in Burma meist hochgeachteten Mönche erlitten Brandwunden.

          Daraufhin wurden die Bauarbeiten an der Mine zunächst ausgesetzt. Ang San Suu Kyi aber trat dann für einen Weiterbau unter besonderen Bedingungen auf. Im Mai entführten die Demonstranten zwei chinesische Arbeiter, ließen sie dann aber ohne Verletzungen wieder frei. „Wir haben die Minenverantwortlichen mehrfach aufgefordert, mit uns zu verhandeln, aber niemals bekommen wir eine klare Auskunft über unsere Zukunft. Da wir unser Land verloren haben, haben wir kein Leben mehr“, erklärte damals einer der Bauern.

          Das Unternehmen erklärte nach dem Tod der Demonstrantin, die Protestgruppen hätten „jede Entschädigung für ihr Land“ abgelehnt. Andere Bauern haben Einmalzahlungen von 1700 bis gut 3000 Dollar je Acre (0,4 Hektar) akzeptiert. Zugleich haben die Bislang beanspruchen die Investoren gut 3100 Hektar. Der Bau der Mine hat sich inzwischen um zwei Jahre verzögert. Inzwischen haben die Chinesen versprochen, eine Million Dollar jährlich in Sozialprojekte wie Schulen und Dorfkrankenhäuser an der Mine zu investieren. 2 Prozent der Überschüsse soll eines Tages, wenn die Mine arbeitet, an die Dörfer ausgeschüttet werden.

          Wie in einem Brennglas spiegeln sich in den Auseinandersetzungen um die Kupfermine die Probleme Burmas (Myanmar), dessen einstige Militärjunta das Land inzwischen als zivile Regierung steuert. Denn die Bevölkerung hat große Vorbehalte gegenüber den Chinesen. Unter den Sanktionen gegen die brutale Herrschaft der Generäle waren die Chinesen diejenigen, die oft in Einheit mit den Offizieren, das Land ausbeuteten. Sie schafften Jade, Rubine, Teak und auch das im Norden gekochte Heroin nach China.

          Nach der Öffnung erwarten die Menschen nun aber, das Recht herrscht und chinesische Firmen etwa bei der Landnahme gebremst werden. Auch wagen sie nun mehr denn je, sich gegen die von den nun zivil auftretenden Militärs geführten Unternehmen aufzulehnen – was unter der Junta zu noch härteren Folgen als heute geführt hätte.

          Zugleich haben die Menschen auch auf dem Land erkannt, dass etwa in der Wirtschaftsmetropole Rangun astronomische Preise für Grund und Boden gezahlt werden. „Sie bezahlen hier inzwischen viel zu hohe Preise, der Markt hat das Niveau von Manhattan“, kritisiert sogar der Deutsche Botschafter in Burma, Christian-Ludwig Weber-Lortsch. Dass ausgerechnet das Hilfswerk Unicef in eine Villa in Rangun für eine Jahresmiete von gut einer Million Dollar in Rangun zog, war für viele ein Exzess. Schlimmer noch: Sie gehört einem der Minister des alten Regimes, der seinen Reichtum Betrug und Erpressung verdankt.

          Auch die Weltgesundheitsorganisation, gekommen um zu helfen, zahlt in einem der ärmsten Länder Asiens fast eine Million Jahresmiete für ihren Sitz – ein gutes Zehntel ihres gesamten Budgets. Von diesem neuen Reichtum aber wollen auch die Bauern ein Stück bekommen; sie betrachten das Interesse an ihrem Land zu Recht als einmalige Chance, sich zu versorgen. Allerdings gibt es praktisch keine gültigen Landtitel in Burma, über die verhandelt werden könnte. So ist es fast unmöglich, über Generationen angestammte Ansprüche durchzusetzen und zu Geld zu machen.

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