Heiratsmarkt : Chinesinnen wollen den „erschwinglichen Mann“
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Mit dickem Auto und hohem Gehalt können heiratswillige Männer in China keinen Blumentopf mehr gewinnen. Bild: AP
Chinesische Frauen ändern bei der Partnerwahl ihre Präferenzen: die Männer müssen nicht mehr viel Geld haben, sondern sich um den Partner kümmern und gut kochen können.
Der chinesische Heiratsmarkt weist seit Jahren ein Frauendefizit auf – die Ein-Kind-Politik und die vielen Abtreibungen weiblicher Föten von Eltern, die einen Sohn einer Tochter vorzogen, haben Spuren hinterlassen. Männer haben es schwer in China, eine Frau zu finden. Ohne eigenes Auto, Eigentumswohnung und ein gut gefülltes Sparkonto ging nichts. Deshalb stehen auch die Großeltern der männlichen Heiratskandidaten mit auf Papptafeln notierten Angaben über diese Vermögensgrößen gerne wochentags in den Stadtparks und bieten ihre Enkel feil.
Nun allerdings müssen die Heiratsangebote umgeschrieben werden – die chinesische Frau zieht neuerdings den harten ökonomischen Faktoren die „soft skills“ vor. Was ist da los im Reich der Mitte?
„Der erschwingliche Mann“ hieß eine vor zwei Jahren beliebte Fernsehserie, in der die urban-trendige Heldin in der großen Stadt ihren Traummann suchte – und diesen nicht in Gestalt eines Porsche fahrenden Aufsteigers fand, sondern einem kleinen Angestellten einer Computerspielfirma ohne Karrierefixierung, aber Fürsorge für seine Partnerin.
Zwei Jahre später ist der neue weiche Männertypus auch in der Realität der Renner bei chinesischen Frauen. „Wäre der 'erschwingliche Mann' ein Auto, er wäre ein Toyota Corolla“, schrieb jüngst die „Global Times“ und erläuterte dessen Vorzüge: handfest, verlässlich und preiswert. Das Modell mag im Freundeskreis nicht für viel Aufsehen sorgen oder gar Neid. „Aber es fährt Dich dorthin, wo Du hin willst.“
Die Zeitung „Youth Daily“ hat die Internetforen ausgewertet und die Kriterien des „sparsamen Traummanns“ exakt recherchiert: zwischen 172 und 183 Zentimeter soll seine Körperlänge betragen. Ein Universitätsabschluss ist Pflicht. Das Gehalt sollte sich in der Spanne zwischen 3000 Yuan (390 Euro) und 10.000 Yuan (1300 Euro) bewegen. Der „sparsame Mann“ sollte keinen Alkohol trinken, nicht rauchen und fluchen. Weitere Anforderungen: er sollte geduldig, fürsorglich, verlässlich, großzügig, verantwortlich und höflich sein. Und kochen können.
„kao pu“ (Verlässlichkeit) ist der neue Standard bei der Partnerwahl
Während nicht wenige chinesische Männer die Größenanforderung mit Leichtigkeit erfüllen können, scheitern sie als Heiratskandidat an den weichen Kriterien. Chinesische Frauen weisen etwa darauf hin, dass bereits die Anforderung ans Kochen ungefähr die Hälfte der chinesischen Männer durchs Raster fallen lasse.
Die F.A.Z. allerdings hat einen der „erschwinglichen Männer“ gefunden: auch wenn Wen Jiang, 25 Jahre alt und wohnhaft im Schanghaier Vorort Qingpu New City mit einem Einkommen von 12.500 Yuan die Einkommensanforderung sogar übererfüllt. Der Softwareingenieur beim amerikanischen Konzern Oracle bezeichnet sich als „Programmier-Bauer“, ein Spitzname für chinesische Nerds aus den unteren Hierarchiestufen der IT-Branche. Diese zeichnet neben ihrem Programmiertalent vor allem aus, dass sie gegenüber ihren Freundinnen zwar schüchtern auftreten, aber auch geduldig und fürsorglich.
„Ich koche und mache auch die Hausarbeit“, sagt Wen – das und seine ökonomische wie emotionale Stabilität machten ihn „zum idealen Heiratskandidaten“. Humor und übertriebene Romantik sei seine Sache zwar nicht. „Doch ich habe meine Freundin stets ganz oben auf der Prioritätenliste.“ Noch ist keine Frau ausgewählt, doch Wens Online-Dating-Profil wird ordentlich nachgefragt.
Laut einer nicht-repräsentativen Umfrage bestätigen chinesische Frauen im Heiratsalter der F.A.Z. die Attraktivität dieser Ausgabe des „sparsamer Mann“-Modells. „Ein idealer Kandidat für viele Frauen und ihre Eltern“, sagt die Mitarbeiterin des Schanghaier Büros der F.A.Z.: „Ein weithin verbreiteter neuer Standard bei der Partnerwahl ist „kao pu“ (Verlässlichkeit).“ Körperliche Attraktivität sowie Humor, Charme und Romantik seien dagegen ein „Extra-Bonus“, der auf die Grundausstattung aufgeschlagen werden könne – aber nicht unbedingt muss.