Greetings aus Washington : Amerikas Regierung arbeitet wieder
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Das Kapitol in Washington Bild: AP/dpa
Hunderttausende Angestellte der amerikanischen Bundesregierung müssen von diesem Donnerstag an wieder arbeiten. Das ist die sichtbarste Folge des Budgetkompromisses der Nacht.
Kurz vor 23 Uhr am Mittwochabend erging die Weisung von Sylvia Mathews Burwell, der Direktorin des Budgetbüros des Weißen Hauses. Die Beschäftigten sollten sich bereithalten, am Morgen wieder zur Arbeit zu erscheinen.
Für mehrere hunderttausende Angestellte der Bundesregierung endeten so oder ähnlich 16 Tage Freizeit. Seit Anfang Oktober, als die Regierung mangels Budgetbewilligung Teile der Ministerien und Behörden schließen musste, waren sie in Zwangsurlaub. Die meisten von ihnen haben diese Zeit gut genutzt, darf angenommen werden – zumal seit rund einer Woche klar war, dass sie nachträglich finanziell für den Verdienstausfall entschädigt würden.
Motorrad, Urlaub, leere Kasse
Drei Eindrücke aus Washington und Umgebung aus den vergangenen Tagen: Ein Motorradhändler in Fairfax berichtete, dass mit der Schließung von Ministerien die Zahl der Kunden zugenommen habe. Viele hätten gesagt, dass sie nun endlich mal Zeit hätten, sich nach einem Motorrad umzuschauen.
Freunde aus dem kleinbürgerlich besiedelten Silver Spring erzählen, dass ein benachbarter Regierungsangestellter erst einmal in Florida Urlaub gemacht habe. Nicht allen Regierungsmitarbeitern geht es freilich so gut. Die Concierge in einem Haus in Washington berichtet verzweifelt, dass ihr Mann als Folge des Zwangsurlaubs zeitweise ohne Einkommen dastehe. Ersparnisse gebe es nicht, um das Finanzloch zu überbrücken.
Als Teil des Gesetzes, das noch vor Mitternacht von Senat und Abgeordnetenhaus in Washington beschlossen wurde, erhalten alle zwangsbeurlaubten Regierungsangestellte rückwirkend das Gehalt für die 16 Tage bezahlt. Die Unternehmer oder Hotelangestellten, die durch die Schließung von Nationalparks Einkommensverluste erlitten, können auf solche Großzügigkeit lange warten. Präsident Barack Obama unterzeichnete das Gesetz am frühen Donnerstagmorgen. Stunden zuvor hatte er in einem kurzen Presseauftritt dafür geworben, vom „Regieren durch Krisen“ wegzukommen.
Kompromiss ohne Perspektive
Der am Tag vor einer womöglich drohenden Zahlungsunfähigkeit der Regierung gefundene Kompromiss überwindet die akuten finanzpolitischen Probleme, die drohende Zahlungsunfähigkeit und den Stillstand von Teilen der Bundesregierung seit Beginn des Haushaltsjahres im Oktober. Eine längerfristige fiskalpolitische Perspektive aber bietet der Kompromiss nicht.
Die Regierung wird danach bis Mitte Januar finanziert. Die Ermächtigung der Regierung, netto neue Schulden zu machen, wird bis zum 7. Februar erteilt und die gesetzliche Schuldenobergrenze entsprechend angepasst. Zugleich soll eine Kommission von Senat und Abgeordnetenhaus sich bis Mitte Dezember um eine Einigung auf ein Budget für das laufende Haushaltsjahr bemühen. Schon jetzt ist klar, dass eine Einigung in der Kommission schwierig wird: Die Demokraten fordern zur Sanierung des Staatshaushalts höhere Steuereinnahmen, die Republikaner geringere Staatsausgaben. Nichts Neues im Westen also.
Händler und Anleger an den Finanzmärkten reagierten bei einem überdurchschnittlichen Handelsvolumen erleichtert. Der S&P-500-Index stieg 1,4 Prozent auf 1722 Punkte. Der Dow-Jones-Index gewann 1,4 Prozent auf 15374 Punkte. Die Kurse an der Nasdaq-Börse legten 1,2 Prozent auf 3839 Punkte zu, das war der höchste Stand seit 2000. Der Vix-Index, der als Maß für Unsicherheit gilt, fiel am Mittwoch um 21 Prozent.