Politischer Sprengstoff : China baut schwimmendes Atomkraftwerk
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China will schwimmende Kernkraftwerke bauen. Wenn die Anlagen fertig sind, sollen sie ins Südchinesische Meer geschleppt werden, auf das Peking Gebietsansprüche erhebt. Bild: dpa
China will wie Russland ein schwimmendes Kernkraftwerk bauen. Dessen geplanter Einsatzort birgt anders als in der russischen Variante jedoch politischen Sprengstoff. Der Konflikt mit den Nachbarstaaten ist programmiert.
Was um Himmels Willen ist ein schwimmendes Atomkraftwerk? Und steht ein solches bereits irgendwo in den Weltmeeren herum? Die Antwort lautet: noch nicht, aber wohl bald. Russland baut bereits seit längerem an einer Nuklearanlage mit einem oder mehreren Reaktoren, die auf einer schwimmenden Plattform auf See steht. Früheren Berichten zufolge hätte diese bereits fertig sein sollen, jetzt wollen die Russen je nach Bericht 2017 oder 2018 so weit sein. Dann wird die Plattform zu ihrem Einsatzort in küstennahen Gewässern in der Nähe von Städten oder Industrieanlagen geschleppt.
Auch China will an einem schwimmenden Kernkraftwerk bauen. Dessen geplanter Einsatzort birgt anders als in der russischen Variante jedoch politischen Sprengstoff: nach dem Bericht einer chinesischen Staatszeitung von diesem Freitag könnte die Volksrepublik ihre Nuklearplattform in das Südchinesische Meer schleppen: um dort den Bau von militärischen Verteidigungsanlagen sowie See- und Flughäfen auf jenen Inseln voranzutreiben, auf die Peking seinen Gebietsanspruch erhebt. Sehr zum Unwillen der Nachbarstaaten wie die Philippinen und Vietnam, die ebenfalls Ansprüche im an Fischen, Gas und Öl reichen Südchinesischen Meer anmelden, durch das zudem einer der wichtigsten Transportwasserwege der Welt führt, über den mehr als 40 Prozent des globalen Handels abgewickelt werden. Erst vor zwei Wochen hat der amerikanische Verteidigungsminister Ashton B. Carter zwei in asiatischen Gewässern fahrende Flugzeugträger besucht, um zu demonstrieren, dass die Vereinigten Staaten die Expansionspläne Chinas mit Argwohn betrachten und im Fall einer Eskalation auch militärisch einhegen könnten.
Kaum ein Tag vergeht, an dem sich nicht ein Außenpolitiker aus China, anderen asiatischen Staaten oder Amerikas zu dem schwelenden Konflikt äußert. Jüngst hatte sich Peking äußerst verärgert über eine Erklärung der sieben großen Industrienationen (G7) zu den Territorialstreitigkeiten im Süd- und Ostchinesischen Meer gezeigt, in der adressiert an die Volksrepublik jegliche „einschüchternden, zwangsweisen oder provokativen einseitigen Maßnahmen“ abgelehnt wurden, um den Status Quo in den Gewässern zu verändern. Am Dienstag hatte Chinas Außenminister Wang Yi bei einem Staatsbesuch in Brunei zu „friedlichen Verhandlungen“ zwischen jenen Staaten aufgerufen, die „direkt betroffen“ seien, wozu die Chinesen Amerika wohl eher nicht zählen. Jetzt legt Peking an anderer Stelle nach und konkretisiert seine Pläne für ein schwimmendes AKW im Südchinesischen Meer.
Die Anlagen sollen zivilen Zwecken dienen
Bereits im Januar hatte der Vorsitzende der chinesischen Atomenergiebehörde über die Pläne für den Bau solcher Anlagen gesprochen und angekündigt, dass China zur „militärischen Seemacht werden“ wolle und deshalb „vollen Gebrauch“ der Möglichkeiten machen werde, die das Meer biete. Die Pekinger Zeitung „Global Times“, die oftmals die Rolle eines Verkündungsorgans der chinesischen Regierung einnimmt, zitiert in ihrem Bericht nun den Vorstandschef der Werft China Shipbuilding Industry Corp. Namens Liu Zhengguo, der sagt, sein Unternehmen treibe die Arbeit an der schwimmenden Nuklearanlage „voran“. Daneben stellt die Staatszeitung ein Zitat eines weiteren chinesischen Staatsmediums, nachdem die Reaktor-Plattform im Jahr 2018 fertiggestellt sein dürfte und im Folgejahr 2019 in Betrieb gehen könnte.
China betont immer wieder, dass die Anlagen, die es auf Inseln wie den Spratlys im Südchinesischen Meer baut, vor allem zivilen und weniger militärischen Zwecken dienten. Nun zitiert die „Global Times“ jedoch einen Experten namens Li Jie, der erklärt, die schwimmenden Nuklearplattformen könnten Energie nicht nur für Leuchttürme und Seerettungseinrichtungen liefern, sondern auch für Verteidigungsanlagen sowie See- und Flughäfen. Die Spratly-Inseln bezeichnet der Experte mit dem chinesischen Namen Nansha-Inseln. Deren Entfernung zum chinesischen Festland sei so groß, dass ein Transport von Kohle und Öl zur Energiegewinnung zu den Inseln aufgrund der wechselnden Wetter- und Seebedingungen ein „Problem“ darstelle. „Deshalb ist die Entwicklung eine schwimmenden Kernkraftwerks von großer Bedeutung“, sagte Li dem Blatt.