Grenzkonflikt : Arbeiter zünden chinesische Fabriken in Vietnam an
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In Vietnam ist man auf China nicht gut zu sprechen Bild: REUTERS
Der Streit um den Einfluss im Südchinesischen Meer eskaliert weiter. Nach Zwischenfällen auf See kommt es nun zu gewaltsamen Protesten in Vietnam.
Die Auseinandersetzungen um den Einfluss im Südchinesischen Meer haben einen neuen Höhepunkt erreicht: Vietnamesische Arbeiter haben chinesische Fabriken in ihrem Land in Brand gesteckt. Der Ärger kocht hoch, weil die Chinesen ihre Einflusszone bis vor die vietnamesische Küste ausdehnen. Es war schon am Wochenende zu Protesten in Hanoi gekommen. Bislang aber waren die Auslandsinvestitionen der Chinesen in Vietnam ausgespart worden. Das Tauziehen um das Südchinesische Meer geht um geostrategischen Einfluss, um Rohstoffe und Fischgründe.

Wirtschaftskorrespondent für Südasien/Pazifik mit Sitz in Singapur.
Seit Wochenbeginn haben vietnamesische Arbeiter – mit Genehmigung der Regierung – immer wieder demonstriert. Im Internet kursieren nun Fotos und Filme, die zeigen, wie vietnamesische Arbeiter über Zäune in Industriegelände eindringen, um ihre Proteste dort fortzusetzen. Mit solchen Bildern wird die Stimmung weiter angeheizt. Chinesen und Vietnamesen sind sich schon lange fremd, konkurrieren auch um Investitionen. Doch sind immer mehr chinesische Textil- und Schuhproduzenten in das Nachbarland abgewandert. Zum einen nutzen sie hier günstige Arbeitsbedingungen, zum anderen verlangen ihre Auftraggeber aus dem Westen, dass sie an mehreren Standorten produzieren, nicht nur in China.
Es geht ums Öl
Die Protestwellen schlagen hoch, seit China Ölbohrplattformen in von Vietnam beanspruchten Gewässern bauen lässt. Schon in der Vergangenheit hatten die Chinesen Ölfelder zum Verkauf angeboten, die die Vietnamesen zuvor ganz offiziell schon an indische Unternehmen verkauft hatten. Am 1. Mai hatte China eine Tiefseebohrplattform vor den Paracelsus-Inseln verankert. Die Chinesen kontrollieren dieses Seegebiet, Vietnam aber beansprucht es für sich. Es kam zu Berührungen zwischen Schiffen, die beide Länder entsandt hatten.
Die Amerikaner, die die an der Seite ihrer Bündnispartner Vietnam und Philippinen mit wachsender Sorge das Vordringen der Chinesen beobachten, habe dies als „provokativ“ bezeichnet. Am Montag hatte Chinas Außenministerium gewarnt, dass Vietnam Versuch, auf diplomatischem Parkett Unterstützung zu finden, zum Scheitern verurteilt sei. „Wir hoffen, dass Vietnam die Lage richtig einschätzt, sich in Ruhe den Realitäten stellt, und aufhört, die chinesischen Handlungen zu stören“, sagte Außenamtssprecherin Hua Chunying. Zugleich werfen die Chinesen Amerika vor, die Spannungen im Südchinesischen Meer anzuheizen und die Anrainerstaaten zu ermutigen, Risiken einzugehen. Der amerikanischen Außenminister John Kerry sprach dagegen von einem „aggressive Verhalten“ der Chinesen.
Konflikte auch mit anderen Anrainern
Über das vergangene Wochenende hatten sich die Regierungsspitzen der im südostasiatischen Staatenbund Asean zusammengeschlossenen Länder nicht zu einer gemeinsam Erklärung zu den Auseinandersetzungen im Südchinesischen Meer durchringen können. Der vietnamesische Ministerpräsident Nguyen Tan Dung erklärte zuvor auf der Konferenz in Myanmar (Burma): “China antwortet nicht nur nicht auf die gerechtfertigten Anfragen Vietnams. Es beleidigt Vietnam stattdessen und macht ihm Vorwürfe. Unterdessen nimmt die Zahl der (Territorial-)Verletzungen zu, sie werden gefährlicher und ernster.“ Besonders Vietnams Nachbarland Kambodscha aber blockiert eine gemeinsame Haltung, da es unter starkem Einfluss Pekings agiert. Singapur und Thailand haben selber keine Ansprüche im Südchinesischen Meer und wollen – wie auch andere Mitglieder – den Einfluss der Chinesen auf Südostasien nicht gefährden. Sie appellieren, diplomatische Lösungen zu finden.
Erst vor wenigen Tagen hatten die Philippinen ein chinesisches Fischerboot aufgebracht und dessen Mannschaft medienwirksam festgenommen. Es hatte vor den Spratley-Inseln seine Netze ausgeworfen um angeblich geschützte Schildkröten zu fangen. Gegen den Protest chinesischer Diplomaten in Manila erhob ein philippinisches Gericht am Montag Anklage gegen neun der elf Besatzungsmitglieder. Der Zwischenfall hatte sich ereignet, während die Philippinen und Amerika gemeinsame Marinemanöver in dem Seegebiet abhielten.
China fordert aufgrund historischer Rechte praktisch das gesamte Südchinesische Meer als sein Einflussgebiet. Dies beschneidet die Rechte der Anrainerländer Philippinen, Vietnam, Taiwan, Malaysia und Brunei-Darussalam. Allerdings können sich die Chinesen anhaltende und aggressivere Proteste gegen ihre Investitionen in den Nachbarländer kaum leisten – fallen die Fabriken aus, stehen ganze Lieferketten in den Westen in Frage.