Mayers Weltwirtschaft : Hoffen auf Afrika
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Thomas Mayer Bild: Thilo Rothacker
Sollten die Anleger stärker in den schwarzen Kontinent investieren?
Wenn vom Aufstieg der ehemaligen Entwicklungsländer in Asien und Lateinamerika zu Schwellen- und schließlich Industrieländern die Rede ist, liegt die Frage nahe: Wie steht es eigentlich um Afrika? Die Freunde dieses Kontinents verweisen dann darauf, dass unsere Wahrnehmung von Afrika durch die Berichte über militärische Konflikte und humanitäre Katastrophen stark verzerrt ist. Nicht überall in Afrika herrscht Krieg oder leiden die Menschen unter Epidemien und Hunger.
Tatsächlich ist das reale Bruttoinlandsprodukt der Länder in der Sub-Sahara Region im letzten Jahrzehnt im Jahresdurchschnitt mit einer Rate von 5,5 Prozent gewachsen. Auch nach der Finanzkrise wuchs die Region in den Jahren von 2009 bis 2013 mit einer Rate von 4,7 Prozent. Dennoch kann man nicht erkennen, dass Afrika von Direkt- und Portfolioinvestitionen überschwemmt würde. Kann es denn sein, dass Unternehmen und Anleger sich ebenfalls von dem öffentlichen Bild des Kontinents blenden lassen und eine der wirtschaftlich dynamischsten Regionen der Welt übersehen?
Stellt man diese Frage im Kreise von Volkswirten großer Dax-Unternehmen, wird schnell abgewunken: Ja, die Wachstumsraten sind eindrucksvoll, aber die absolute Größe des Marktes ist zu gering, um attraktiv zu sein. Die Einkommen pro Kopf sind so niedrig, dass auch bei rund einer Milliarde Köpfe das Bruttoinlandsprodukt bescheiden ist. Mangelnde Größe des Marktes und seine Zersplitterung in zahlreiche, voneinander getrennte Märkte in einzelnen Ländern lassen es für viele Unternehmen unrentabel erscheinen, die mit einer Investition verbundenen Schwierigkeiten auf sich zu nehmen. Allenfalls erscheinen Standorte in Südafrika und Nordafrika interessant, wobei sich jedoch das Geschäftsklima in der ersten und das politische Klima in der zweiten Region deutlich verschlechtert haben. Auch in Schwellenländer anlegende Vermögensverwalter nennen höchstens eine Handvoll südafrikanischer Firmen, die sie in ihre Portfolios aufnehmen könnten. Interesse an Afrika zeigen allenfalls einige Private Equity Fonds, die in nicht an der Börse gelistete kleinere Unternehmen investieren.
Die Zurückhaltung gegenüber Afrika als Ziel von Portfolio- oder Direktinvestitionen ist nachvollziehbar. Die Länder in Subsahara-Afrika machen nach Zahlen des Internationalen Währungsfonds für 2013 gerade mal 1,8 Prozent des globalen, mit nominalen Wechselkursen berechneten Bruttoinlandsprodukts aus. Im Vergleich dazu ist Asien mit einem Anteil von über 18 Prozent zehnmal und Lateinamerika mit 7,8 Prozent immerhin mehr als viermal so groß. Der Größenvergleich erklärt, warum die deutsche Industrie so großes Interesse an China hat. Mit einem Anteil von 12,4 Prozent am globalen Bruttoinlandsprodukt ist der chinesische Markt beinahe dreimal so groß wie der deutsche, der es auf 4,9 Prozent bringt. Wer Deutschland als zu eng für seinen Absatz findet wird daher kaum auf Afrika blicken, sondern versuchen, in Amerika (mit 22,7 Prozent Anteil am globalen BIP) und China Fuß zu fassen.
Die Wachstumsraten in Afrika sind beeindruckend
Aber ist Afrika nicht im Umbruch und könnte daher in der Zukunft attraktiver werden? Sicherlich hat sich in Afrika während des letzten Jahrzehnts viel getan. Insbesondere wurde der post-koloniale Hang der Politik zur Staatswirtschaft durch eine mehr marktwirtschaftliche Orientierung abgelöst. Dadurch haben sich die Entwicklungschancen verbessert. Doch in Zahlen hat sich dies bis heute nur mäßig ausgedrückt. So wuchs zum Beispiel das BIP pro Kopf von Nigeria in Dollar gerechnet in der Zeit von 1991 bis 2013 um 8,1 Prozent pro Jahr. Dies ist beachtlich, wird aber von den 14,4 Prozent von China deutlich übertroffen. Südafrika, das sich selbst gerne zu den Schwellenländern rechnet, schaffte ein Wachstum von gerade mal 3,3 Prozent, kaum mehr als Deutschland mit 3,2 Prozent.
Damit Afrika auf der Landkarte internationaler Investoren erscheint sind vor allem Rechtssicherheit und politische Stabilität notwendig. Ein funktionierender gemeinsamer afrikanischer Markt könnte helfen, die Enge nationaler Märkte zu überwinden. Ohne diese Voraussetzungen ist es für Unternehmen schwer zu wachsen. Wenn sie aber nicht die nötige Größe erreichen, um auf dem globalen Markt eine Rolle zu spielen, bleiben sie von dem überschaubaren Binnenmarkt in ihrem Heimatland abhängig. Oft verhindert die Binnenorientierung eine Steigerung der Effizienz, so dass die Unternehmen auch unter diesem Gesichtspunkt für internationale Investoren uninteressant bleiben. Allenfalls werden sich Investoren darum bemühen, Lizenzen für die Ausbeutung von Rohstoffen in eigener Regie zu bekommen.