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Merz lehnt Preis ab : Ärger für die Ludwig-Erhard-Stiftung

Stein des Anstoßes: Stiftungsvorsitzender Roland Tichy. Bild: dpa

Der ehemalige CDU-Finanzpolitiker Friedrich Merz hat den Ludwig-Erhard-Preis abgelehnt. Hintergrund ist ein Streit um den Vorsitzenden der Stiftung, den Publizisten Roland Tichy.

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          Über der Ludwig-Erhard-Stiftung, die das marktwirtschaftliche Vermächtnis des legendären Wirtschaftsministers lebendig halten will, sind dunkle Wolken aufgezogen. Im Zentrum des Sturms steht der Vorsitzende Roland Tichy, der die Stiftung seit 2014 leitet. Vier Mitglieder der Jury des Ludwig-Erhard-Preises – Ursula Weidenfeld, Rainer Hank, Nikolaus Piper und Ulric Papendick – sind zurückgetreten, allerdings schon vor einigen Wochen. Grund dafür war, dass der ehemalige CDU-Politiker Friedrich Merz es abgelehnt hatte, den diesjährigen Ludwig-Erhard-Preis anzunehmen, der ihm von der Jury angetragen worden war.

          Philip Plickert
          Wirtschaftskorrespondent mit Sitz in London.

          Merz teilte mit, er tue sich grundsätzlich schwer mit Preisen, mit diesem aber besonders, denn er wolle nicht mit Tichy auf einer Bühne stehen. Diesem wirft er seine publizistischen Aktivitäten vor. Der ehemalige Chefredakteur der „Wirtschaftswoche“ hat vor einiger Zeit eine Internetplattform und ein Magazin namens „Tichys Einblick“ gegründet, die scharf kritische Artikel gegen die Regierung Merkel und besonders ihre Flüchtlingspolitik bringt. Kritiker werfen der Seite vor, sie schreibe rechtspopulistisch.

          Die Absage eines Preisträgers gab es bisher noch nicht. Von Altkanzler Helmut Kohl ist das Bonmot überliefert, er wolle nicht den Erhard-Preis gewinnen, sondern lieber Wahlen. 2017 hat Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) den Erhard-Preis erhalten, vor ihm waren der ehemalige FDP-Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff, der frühere CDU-Finanzminister Gerhard Stoltenberg und andere Politiker und Publizisten geehrt worden, die sich für die Soziale Marktwirtschaft engagiert hatten. An Merz' Stelle erhält nun der Schweizer Journalist Peter Rásonyi, Auslandschef der „Neuen Zürcher Zeitung“, den diesjährigen Preis.

          „Reputationsmaschine“ für Tichy

          Die vier ausgetretenen Jury-Mitglieder, von denen nur eines Mitglied der Ludwig-Erhard-Stiftung ist, meinen, die Stiftung habe ein großes Problem, wenn ihr Vorsitzender angefeindet werde. Indirekt werfen sie Tichy einen Interessenkonflikt vor. Es dürfe nicht sein, dass er die Stiftung zu einer „Reputationsmaschine“ für seine publizistischen Aktivitäten mache. Sie kritisieren auch, dass ein Erhard-Vorstandsmitglied, nämlich Oswald Metzger, früher Grünen-Politiker und heute CDU-Mitglied, Berliner Büroleiter von „Tichys Einblick“ geworden sei. An diesem Dienstag soll die Jury in der Erhard-Stiftung in Bonn zusammenkommen und über eine „Erneuerung des Ludwig-Erhard-Preises“ beraten.

          Jury-Mitglied Thomas Mayer, ehemals Chefvolkswirt der Deutschen Bank und nun Direktor des Flossbach-von-Storch-Researchinstituts, nahm Tichy gegenüber der F.A.Z. in Schutz. „Ich finde, Herr Tichy leistet gute Arbeit für den Stiftungszweck, nämlich die Bewahrung und weitere Verbreitung des geistigen Erbes Ludwig Erhards. In seinen journalistischen Publikationen formuliert er gelegentlich härter als andere, aber ich kann nicht erkennen, dass er Positionen vertritt, die den liberalen Prinzipien Erhards widersprechen würden.“ Tichy arbeite ehrenamtlich für die Stiftung, daher sei ihm nicht vorzuwerfen, dass er weiter auch als Publizist tätig sei, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

          Auch der FDP-Politiker Frank Schäffler, Mitglied der Stiftung, stellte sich hinter Tichy. „Er ist seit 25 Jahren ein renommierter Journalist, der Vorwurf des Rechtsrucks ist gemein.“ Vielmehr sieht Schäffler „innerhalb des Liberalismus ein Zerwürfnis zwischen den Anhängern des Merkel-Kurses und dessen Gegnern, sei es bei der Euro-Rettung und nun beim Migrationsstreit“.

          Das „Handelsblatt“ berichtete von einem Eklat in der Erhard-Stiftung und davon, dass in der Stiftung ein heftiger Streit um den Vorsitzenden Tichy entbrannt sei. Doch einen solchen Streit gab es auf der Mitgliederversammlung der Stiftung nicht. Der Vorstand der Stiftung wurde von der Hauptversammlung entlastet, und das ohne Diskussion und Gegenstimme. Die Versammlung sei in der vorvergangenen Woche in Berlin in „großer Harmonie“ abgelaufen, heißt es übereinstimmend von Teilnehmern. Versuche der freien Journalistin Weidenfeld, die aus der Jury zurückgetreten war, Tichys Magazin „Tichys Einblick“ als problematisch zu thematisieren, seien ohne Echo geblieben.

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