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Adidas-Verkauf : Überraschende Freisprüche in der „Tapie-Affäre“

Bild: AP

Der schillernde Geschäftsmann Bernard Tapie und der Orange- Vorstandsvorsitzende Stéphane Richard werden vor Gericht entlastet. Die Saga um den Adidas-Verkauf könnte aber weitergehen.

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          Wie so oft fand Bernard Tapie griffige Worte: „Das ist meine schönste Chemotherapie. Mein Krebs hat gerade einen harten Schlag in die Schnauze bekommen“, ließ er von seinem Bett in einem Pariser Krankenhaus ausrichten. Der krebskranke Geschäftsmann war zusammen mit den anderen Angeklagten in der Saga der „Tapie-Affäre“ gerade von einem Strafgericht in Paris auf ganzer Linie freigesprochen worden. Für den Vorwurf des Betruges und der Unterschlagung öffentlicher Gelder gebe es keine Grundlage, urteilte das Gericht.

          Christian Schubert
          Wirtschaftskorrespondent für Italien und Griechenland.

          Der Prozess ist für Tapie ein Lebenskampf, der seit 27 Jahren andauert. Er geht zurück auf den Verkauf des Sportartikelherstellers Adidas Anfang der neunziger Jahre an die damals staatliche Bank Crédit Lyonnais, bei dem er sich um viele Millionen Euro betrogen fühlte. 2008 wurde Tapie dafür mit einer Ausgleichs- und Schmerzensgeldsumme von 403 Millionen Euro fürstlich entschädigt, doch 2015 entschied ein Zivilgericht, dass er das Geld wieder zurückzahlen muss.

          Nun stellt sich heraus, dass strafrechtlich nichts hängenbleibt – vorerst jedenfalls, denn der französische Staat hat als Kläger noch nicht kundgetan, ob er Berufung einlegen will. Das gilt als möglich, denn er wettete mit hohem Einsatz: Fünf Jahre Gefängnis ohne Bewährung hatte die Staatsanwaltschaft gefordert. Die Freisprüche für Tapie und seine Mitangeklagten sind somit eine gehörige Überraschung.

          Die Bank, die eigentlich sein Partner sein sollte, wurde zum Gegner

          Das Urteil ist auch eine indirekte Entlastung von Christine Lagarde, der künftigen Präsidentin der Europäischen Zentralbank. Als Finanzministerin hatte sie 2007 entschieden, dass ein privates Schiedsgericht aus zwei ehemaligen Richtern und einem Anwalt über die Forderungen von Tapie entscheiden solle. Der Geschäftsmann hatte den französischen Staat jahrelang unter Druck gesetzt, weil er ihn als früheren Eigentümer der Bank Crédit Lyonnais in der Pflicht sah.

          Tapie wollte 1992 den Sportartikelhersteller Adidas verkaufen, den er zwei Jahre zuvor erworben und restrukturiert hatte. Denn er plante, in die Regierung von Präsident François Mitterrand einzutreten. Tapie beauftragte die damals staatliche Bank Crédit Lyonnais mit der Suche nach einem Käufer und verlangte einen vergleichsweise niedrigen Mindestpreis. In Wirklichkeit verkaufte die Bank den Sportartikelhersteller Adidas jedoch für einen deutlich höheren Preis über eine undurchsichtige Struktur mit Offshore-Gesellschaften letztendlich an den Investor Robert Louis-Dreyfus. Zudem machte der Crédit Lyonnais abrupt verschiedene Kreditforderungen gegen Tapie geltend, so dass dieser Konkurs anmelden musste. Die Bank, die eigentlich sein Partner sein sollte, wurde zu seinem Gegner.

          Tief verletzt von dieser Erfahrung, ließ Tapie mit seinen Forderungen gegen den Staat nicht locker. 2007 fand die damalige Finanz- und Wirtschaftsministerin Lagarde, dass die leidige Geschichte endlich ein Ende finden sollte. Ihre Gegner vermuteten jedoch ein anderes Motiv: Sie verwiesen auf das offene Ohr, das Tapie damals vor allem bei Präsident Nicolas Sarkozy fand. Viele Besuche von Tapie im Elysée-Palast und sein Aufruf zur Wahl von Sarkozy im Februar 2007 unterstrichen die Verbindungen.

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