Euro 7 : Neue Abgasnorm kostet Verbraucher 100 bis 150 Euro
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Autoverkehr in Stuttgart Bild: dpa
Der neue europäische Abgasstandard soll dem Klimaschutz helfen und die Luftqualität verbessern, sagt die EU-Kommission. Autokäufer müssen sich dafür auf Mehrkosten einstellen.
Eben erst hat die EU das Aus für den Verbrennungsmotor im Jahr 2035 beschlossen. Dennoch hat die Europäische Kommission nun einen Vorschlag für schärfere Abgasgrenzwerte vorgelegt. Mehr als vier Jahre hat die Brüsseler Behörde an den sogenannten Euro-7-Standards für Autos, Lastwagen und Busse gearbeitet, die nicht den Kohlendioxid-Ausstoß, sondern die gesundheitsschädlichen Abgase reduzieren sollen. 70 .000 Todesfälle im Jahr gingen darauf zurück; das sei mehr als das Dreifache der Todesfälle im Straßenverkehr, argumentiert die EU-Kommission. Dennoch hat sie den Vorschlag mehrfach verschoben, weil Industrie und Mitgliedstaaten sich dagegen wehrten, dass die EU die Industrie überfordert, wenn sie neben dem Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor auch noch strikte Luftqualitätsstandards vorschreibt.
Mit dem nun vorgelegten Vorschlag sei sichergestellt, dass die Autoindustrie beide Ziele, Klimaschutz und Luftqualität, ohne Überforderung erreichen könne, sagte der zuständige Binnenmarktkommissar Thierry Breton zur Vorstellung der Standards. Die zusätzlichen Kosten lägen mit 100 bis 150 Euro je Auto im Rahmen. Die Zielwerte seien auf Grundlage bestehender Technik erreichbar und bremsten die Investitionen in den Elektromotor damit auch nicht aus, hieß es begleitend aus der Kommission.
Dass die EU-Behörde angesichts des Verbrenneraus im Jahr 2035 überhaupt neuen Luftqualitätsstandards vorlegt, begründete Breton auch damit, dass die EU damit Standards für die gesamte Welt setze, wo der Verbrennungsmotor auch über das Jahr 2035 noch im Einsatz sein werde. Zudem verursachten auch die bis zu 40 Prozent schwereren Elektrofahrzeuge durch den Abrieb von Reifen und Bremsen Luftverschmutzung. Auch für diese soll es deshalb künftig Grenzwerte geben. Neu ist zudem, dass es Mindeststandards für die Haltbarkeit von Batterien geben soll. Sie sollen in den ersten fünf Jahren oder 100 .000 Kilometern mindestens 80 Prozent Leistung bringen.
Konkret bleiben die Abgasgrenzwerte für Autos und leichte Nutzfahrzeuge weitgehend auf dem bisherigen Euro-6-Niveau. Für Benziner heißt das etwa, dass der Ausstoß von Stickoxiden 60 Mikrogramm je Kilometer nicht überschreiten darf. Da künftig nicht mehr zwischen Diesel und Benziner unterschieden wird, profitieren erstere aber anders als bisher nicht mehr von etwas höheren Grenzwerten.
Der entscheidende Unterschied aber ist, dass die Autos die Grenzwerte länger – 10 statt 5 Jahre – als bisher einhalten müssen und die Rahmenbedingungen für die Tests geändert werden. So werden zum einen kleinere Partikel gemessen, zum anderen gibt es weniger Ausnahmen. Es bleibt allerdings dabei, dass es für den Ausstoß unter extremen Bedingungen wie Temperaturen von minus 10 bis 0 oder 35 bis 45 Grad oder Geschwindigkeiten zwischen 145 und 160 Kilometern je Stunden einen „Aufschlag“ auf die Grenzwerte gibt. Der Faktor dafür soll nach Angaben von EU-Beamten 1,6 betragen. Nach Kommissionsangaben verringert sich so für Autos der Stickoxid-Ausstoß um 35 Prozent.
Für Busse und Lastwagen sieht der Vorschlag hingegen eine spürbare Verschärfung der Grenzwerte vor. Breton begründete das damit, dass das Potential größer sei. Zudem sei hier das Ende des Verbrennungsmotors nicht in Sicht. Entsprechend höher sind die Zusatzkosten mit 2700 Euro je Fahrzeug. In Kraft treten sollen die Grenzwerte für Autos Mitte 2025, für Lastwagen Mitte 2027.
Die politische Debatte dürfte sich in den nächsten Monaten weniger auf die Grenzwerte selbst als die Testbedingungen konzentrieren. Sowohl das Europaparlament als auch der Ministerrat der Staaten müssen den Vorschlag annehmen, damit er in Kraft treten kann.
Der CDU-Europaabgeordnete Jens Gieseke kritisiert schon, es dürfe keine Verschärfung der Grenzwerte durch die Hintertür geben. „Wenn Fahrzeuge Grenzwerte unter extremsten Wetter- und Fahrbedingungen einhalten müssen, ist dies de-facto eine Grenzwertverschärfung“, sagte er. Umweltschützer und Grüne bezeichneten die Grenzwerte hingegen als viel zu hoch. „Das ist der Dieselgate-Moment der Kommission“, sagte Anna Krajinska vom Verband „Transport & Environment“. Der Profit der Autobranche werde höher bewertet als der Tod von Millionen Europäern.