
Billig macht die Bahn nicht besser
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Ein günstiges Ticket zur Ferienzeit verlockt die Menschen zu mehr Ausflügen als sie sie eigentlich unternehmen würden. Bild: Lucas Bäuml
Im Juni startet mit dem 9-Euro-Ticket die teuerste Werbeaktion für Bus und Bahn, die es in Deutschland je gab. Das könnte nach hinten losgehen.
Gut möglich, dass man für die Fahrt von der Hauptstadt an die Ostsee in diesem Jahr das Auto nehmen muss. In den Regionalexpress-Zügen, schon bislang in der Hauptsaison meist überfüllt, wird kaum noch ein Stehplatz zu ergattern sein. Schließlich darf die ganze Republik von Juni bis August zum Schnäppchenpreis von 9 Euro pro Monat durchs Land fahren. Der ohnehin spärliche Fernverkehr ans Meer wird dadurch noch mehr an den Rand gedrängt, die oft alternativlosen Bummelzüge nach Wismar, Rostock oder Stralsund endgültig zum Sardinen-Express degradiert. Dabei hatte doch gerade der Corona-Lockdown demonstriert, dass das System Bahn nur unter einer Bedingen wirklich funktioniert: wenn die Passagiere ausbleiben.
Pünktlich zu Ostern haben Bund, Länder und Verkehrsbetriebe kundgetan, was seit mindestens zwei Wochen die Spatzen von den Berliner Dächern pfiffen: Das 9-Euro-Ticket, jene Sturzgeburt einer nächtlichen Koalitionsrunde, die es unter der Ampel-Herrschaft eigentlich nicht mehr geben sollte, kommt zum 1. Juni, und zwar mit bundesweiter Gültigkeit. Es soll dem pseudoliberalen Benzinpreisrabatt, der alle Bemühungen um eine Abkehr von Putins Öl konterkariert, mit der Aura guten Willens umstrahlen.
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