Kommentar : Mario Draghis Beruhigungspillen
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EZB-Präsident Draghi sagt: Die niedrigen Zinsen heute müssen nun mal sein. Bild: Reuters
Der EZB-Präsident mahnt weiter zu Geduld. Noch seien niedrige Zinsen eben notwendig. Doch sein Hüh und Hott belastet längst das Vertrauen in die EZB.
Geduld, Geduld, so mahnen vor allem Eltern ihre Kinder gern. Auch Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), hat diese Woche zur Geduld aufgerufen, und zwar die quengelnden deutschen Sparer. Diese werden immer nervöser, denn angesichts der rasch steigenden Inflation und der Nullzins-Politik der EZB verliert ihr Geld auf dem Konto an Wert. Im Dezember lag die deutsche Inflationsrate bei 1,7 Prozent – und damit im Bereich des EZB-Zielwertes, der bei knapp unter zwei Prozent liegt. Allerdings ist die gesamte Eurozone mit 1,1 Prozent noch hintenan – das ist der Wert, der für die EZB zählt.
Also sagt Draghi dem deutschen Sparer: „Hab’ Geduld!“ Das sei die ehrliche Antwort auf die Frage, wann die EZB die Zinsen endlich wieder erhöht. Irgendwann gehe es mit dem europäischen Wirtschaftswachstum wieder vorwärts, und zwar nachhaltig und überall in der Eurozone – dann würden auch die Inflation und die Zinsen wieder steigen. Die niedrigen Zinsen heute müssten deshalb nun mal sein. Beruhigungspillen für den ungeduldigen deutschen Sparer.
Das Vertrauen in die EZB ist belastet
Um die Geduld aufzubringen, um die Draghi bittet, braucht es allerdings Vertrauen. Und dieses Vertrauen verspielt Draghi, weil er inkonsistent argumentiert. Als der Ölpreis im freiem Fall nach unten war und mit ihm auch die Inflation, da schlug die EZB Alarm. Ein Schreckensgespenst names Deflation wurde an die Wand gemalt und damit auch die ultra-expansive Geldpolitik begründet.
Ja, die Inflationsrate fiel eine Zeit lang deutlich. Sie lag im ersten Halbjahr 2016 im negativen Bereich. Doch ein anderer Wert, der ebenfalls Hinweise auf die Preisentwicklung gibt, blieb damals ziemlich unverändert: die Kerninflation, bei der Energie- und Lebensmittelpreise nicht berücksichtigt werden. Entsprechend unspektakulär sieht ihr Verlauf aus:
Sie liegt beständig bei knapp unter einem Prozent. Die Kerninflation spielte damals keine Rolle in der Argumentation der EZB. Sie hat nicht in den Kram gepasst, um die ultralockere Geldpolitik zu begründen. Nun aber sagt Draghi, dass die Kerninflation noch keinen Aufwärtstrend zeige. Und begründet damit, warum es weitergehen muss mit dem billigen Geld. Dieses Hüh und Hott ist nicht mehr nachvollziehbar. Es belastet das Vertrauen in die EZB - nicht zuletzt beim deutschen Sparer, der zusehen muss, wie sein Erspartes ständig an Wert verliert.