Herbstgutachten : Der Anfang eines Aufschwungs
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Die Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten in ihrem Herbstgutachten einen wachsenden Staatsüberschuss. Die leicht positive Wirtschaftslage eröffnet Union und SPD neue finanzielle Spielräume für ihre Sondierungsgespräche.
Die trotz aller Risiken insgesamt leicht positive Wirtschaftslage eröffnet Union und SPD neue finanzielle Spielräume für ihre Sondierungsgespräche. So gehen die Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrer Herbstprognose von wachsenden Überschüssen in den Haushalten von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen aus. Diese sollen von 0,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr auf 0,3 Prozent im nächsten Jahr steigen.
Bis zum Jahr 2018 sagen die Institute nach dem der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorab vorliegenden Bericht, der am Donnerstag offiziell vorgestellt wurde, einen weiteren Anstieg auf 1,5 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Leistung voraus. Den sich daraus ergebenden Handlungsspielraum für die Politik beziffern die Forscher auf knapp 33 Milliarden Euro.
Die Wirtschaftsforscher raten zu einem „sinnvollen“ Umgang mit den sich abzeichnenden Haushaltsüberschüssen. Ein Teil sei konjunkturbedingt und sollte zur Schuldentilgung eingesetzt werden. Beim anderen Teil sehen sie politischen Gestaltungsspielraum. „Man könnte damit sowohl die kalte Progression abbauen als auch investive Ausgaben in den Bereichen Infrastruktur, Bildung und Forschung finanzieren“, schreiben die Gutachter.
Kalte Progression bezeichnet die Mehrbelastungen aus Inflation und Steuertarif, die dazu führen können, dass sich Arbeitnehmer trotz einer Gehaltserhöhung weniger leisten können. Weiter heißt es: „Zusätzliche Spielräume ließen sich gewinnen, wenn Steuervergünstigungen abgebaut und Finanzhilfen reduziert würden.“
„Am Beginn eines Aufschwungs“
Insgesamt schätzen die Ökonomen die wirtschaftliche Lage als leicht positiv ein. Die deutsche Wirtschaft befinde sich im Herbst 2013 „am Beginn eines Aufschwungs“. Doch weisen sie auch auf die Risiken in den Vereinigten Staaten hin. Das Land könnte in eine Zahlungsunfähigkeit rutschen, wenn sich Republikaner und Demokraten nicht auf eine Anhebung der Schuldengrenze einigen sollten. Weitere Risiken könnten sich einstellen, weil ein abermaliges Aufflammen der Eurokrise nicht auszuschließen sei.
Lob zollen sie der Europäischen Zentralbank, die mit ihrer expansiven Politik die Finanzmärkte beruhigt und der Wirtschaftspolitik eine Atempause verschafft habe. Allerdings zeigten sich mittlerweile die Grenzen expansiver Geldpolitik. Der Schlüssel für die wirtschaftliche Erholung in den Krisenländern liege in der Bereinigung des dortigen Bankensektors. Dabei sollten zuerst Eigentümer und Fremdkapitalgeber der Banken herangezogen werden. Verbleibende Lasten wären von den Nationalstaaten zu tragen, eine begrenzte europäische Lastenaufteilung könne lediglich eine „ultima Ratio“ sein.
Bundesregierungen stützt sich auf Gutachten
Für das laufende Jahr rechnen die Institute nur noch mit einem moderaten Wachstum von 0,4 Prozent. Im nächsten Jahr soll sich der Aufschwung spürbar beleben. Für 2014 wird ein Wachstum von 1,8 Prozent vorhergesagt. Die Arbeitslosenquote soll von 6,9 auf 6,8 Prozent im nächsten Jahr sinken, die Inflation leicht von 1,6 auf 1,9 Prozent anziehen.
Von besonderer Bedeutung ist das Gemeinschaftsgutachten, da die Bundesregierung auf dieser Grundlage ihre Schätzungen aktualisiert. Für den 23. Oktober hat das Bundeswirtschaftsministerium seine Herbstprojektion für die Jahre 2013 und 2014 angekündigt. Im Frühjahr hatte es für das laufende Jahr ein BIP-Wachstum von 0,5 Prozent prognostiziert, für 2014 ein Plus von 1,6 Prozent. Damit war die Regierung hinter der Frühjahrsprognose der Forschungsinstitute zurück geblieben. Auf Grundlage der Regierungsprognosen erarbeiten die Steuerschätzer ihre Vorhersage für die Einnahmen in den kommenden Jahren.
DIW gehört wieder zum Gutachterkreis
Das Gutachten erarbeiten im Auftrag der Bundesregierung vier Forschungseinrichtungen: das Münchner Ifo-Institut, das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen, das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW). Das DIW gehörte nach über sechsjähriger Abstinenz in diesem Herbst wieder zum Gutachterkreis, aus dem es das Kieler Institut für Weltwirtschaft verdrängt hatte.