Erwartungen der Bundesbank : EZB-Debatte über mehr deutsche Inflation
- -Aktualisiert am

Im Rat der Europäischen Zentralbank ist eine Debatte über die angebliche Notwendigkeit höherer Inflationsraten in Deutschland entbrannt. Einige Notenbanker argumentieren, wenn künftig die Inflation in wirtschaftlich schwächeren Ländern wie Spanien oder Portugal niedrig sei, dann müsse Deutschland eine höhere Inflation zulassen. Dem stehe eine andere Fraktion von Notenbankern gegenüber, die die Risiken einer mechanistischen Sichtweise betonten, berichtet ein Angehöriger des EZB-Rats dieser Zeitung.
Gerade hat die Deutsche Bundesbank dem Finanzausschuss des Bundestages die Erwartung von höheren Inflationsraten mitgeteilt. Deutschland werde in den kommenden Jahren Teuerungsraten erleben, die über dem Durchschnitt im Euroraum liegen. Das werde zum Abbau der Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen beitragen. Der Leiter der volkswirtschaftlichen Abteilung der Bundesbank, Jens Ulbrich, sagte bei einer Anhörung, Anpassungsprozesse führten dazu, dass sich die Wettbewerbsfähigkeit der finanzschwachen Länder gegenüber Deutschland verbessere. „Deutschland dürfte in diesem Szenario künftig eher überdurchschnittliche Inflationsraten aufweisen.“
Über viele Jahre hohe Inflationsunterschiede im Euroraum
Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank ist auf den Durchschnitt des Währungsraums angelegt und zielt auf eine Teuerungsrate von „weniger als und nahe 2 Prozent“. Dieses Ziel gibt Raum für Interpretation, den einige Notenbanker nutzen, um sich in Deutschland eine umso höhere Teuerung zu wünschen. Schließlich müsse man ja auf einen Durchschnittswert von knapp 2 Prozent kommen. Dem steht die Mahnung anderer Ratsmitglieder entgegen, dass nicht nur Lohnzurückhaltung zu Wettbewerbsvorteilen führe. Besser sei es, Produktivitätssteigerungen anzustreben und sich über die Flexibilisierung der Arbeitsmärkte zu stärken.
EZB-Chefvolkswirt Peter Praet wies am Donnerstag in einer Rede auf die negativen Folgen von über viele Jahre fortdauernden hohen Inflationsunterschieden im Euroraum hin. In den Jahren vor der Krise habe das die Ungleichgewichte verstärkt und die Geldpolitik erschwert. Die EZB vermutet in der riesigen Liquiditätszufuhr an die Banken kaum Inflationspotential. Das Bestreben der Banken, ihre Überschussliquidität gering zu halten, stütze zwar die Vermögenspreise und die Kreditvergabe, heißt es im jüngsten EZB-Monatsbericht. In einem Umfeld, da sich die Wirtschaft auf niedrigem Niveau stabilisiere, werde das kaum zu höheren Verbraucherpreisen führen.
Die Bundesbank möchte nicht überinterpretiert werden
Doch das gilt vorerst nur für den Durchschnitt des Euroraums. „Es spricht einiges für eine im Vergleich zum Durchschnitt deutlich erhöhte Inflationsrate in Deutschland“, sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Zwei Prozentpunkte mehr als in Ländern wie Spanien seien in den kommenden Jahren durchaus möglich. Der Leitzins von 1,0 Prozent sei für den Euroraum im Ganzen in etwa angemessen. Doch für Deutschland allein müsste der Zins eher bei 2,5 Prozent liegen angesichts der deutlich besseren Verfassung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt.
Die Bundesbank bemüht sich, nicht überinterpretiert zu werden. Deutschland werde infolge der Schuldenkrise höchstens auf kurze bis mittlere Sicht unerwünscht hohe Preissteigerungen hinnehmen müssen, hieß es im Umfeld von Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Damit sei eine Inflationsrate gemeint, die moderat über dem Ziel der EZB von knapp 2 Prozent liege. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, Ziel der EZB sei es, die Inflation knapp unter 2 Prozent zu halten. „Wir waren uns in Deutschland mehr als ein halbes Jahrhundert einig, solange wir Preissteigerungsraten im Korridor zwischen 2 und 3 Prozent haben, sind wir in einem Bereich, wo es noch hinnehmbar ist.“