Mangelnde Nachfrage : Videospiel-Messe E3 vorzeitig abgesagt
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Nie wieder? In den guten Zeiten stellten Konsolenhersteller auf der E3 in Los Angeles vor prall gefüllten Hallen ihre Neuheiten vor. Bild: AP
Schon in den vergangenen Jahren litt die E3 unter der Corona-Pandemie und dem Schwund an Ausstellern. Die bringen ihre Neuheiten lieber digital an den Spieler. Die Zukunft der ehemaligen Leitmesse ist ungewiss.
Auch in diesem Jahr findet die ehemalige Videospiel-Leitmesse E3 nicht statt. Der Veranstalter Reedpop und die amerikanische Unterhaltungssoftware-Vereinigung (ESA) gaben am späten Donnerstag bekannt, dass die für Juni in Los Angeles geplante Messe aufgrund des mangelnden Ausstellerinteresses abgesagt wurde.
Nachdem im Januar schon die Konsolenhersteller Nintendo, Microsoft und Sony ihr Fernbleiben verkündet hatten, waren mittlerweile weitere Spielehersteller und -verleger abgesprungen. Tencent und Sega würden keine Stände auf dem Messegelände aufbauen. Und auch der französische Verleger Ubisoft zog seine Teilnahme zurück – nachdem Chef Yves Guillemot während einer Veranstaltung vor Kurzem noch die Teilnahme zugesichert hatte.
Stanley Pierre-Louis, Chef der ESA, erklärte sich in einem Interview mit dem Branchen-Portal „Gamesindustry.biz“, warum der Versuch der Wiederbelebung in diesem Jahr gescheitert ist. „Erstens hat Covid die Entwicklungsprozesse der Spiele nach hinten verschoben“, sagte er. Zweitens führe wirtschaftlicher Gegenwind dazu, dass viele Hersteller überdenken müssten, wie viel Geld sie in große Werbeveranstaltungen investieren wollten. „Und Drittens experimentieren Unternehmen mit der richtigen Balance zwischen physischen Veranstaltungen und digitalen Präsentationen.“
Das Schicksal der Messe steht schon länger auf der Kippe. Seit 1995 war sie für eine Woche im Sommer das Gesprächsthema Nummer 1 in der Welt der Videospiele. Die großen Hersteller und Entwickler nutzten die Messe für bombastische Pressekonferenzen und eindrucksvolle Standkonstruktionen. Auch Stars wie Shigeru Miyamoto, der Erfinder von Super Mario, oder Microsoft-Gründer Bill Gates gaben sich auf den Bühnen die Ehre.
Von digitalen Formaten überholt?
Die Zwangspause während der Pandemie nutzten die Spielehersteller und Konkurrenten der E3, um digitale Formate aufzubauen. So konnten sie dem Fachpublikum und den Spielern ihre Neuheiten näherbringen.
Nintendo war einer der ersten, die sich mit ihrem Format „Nintendo Direct“ im Jahr 2011 selbständig und vom Datum der Messe unabhängig machten. Damit spielte der japanische Konzern zu verschiedenen Zeitpunkten im Jahr außer der Konkurrenz und schaffte es dennoch Zuschauer zu finden.
Andere Spielehersteller folgten. Mittlerweile haben Sony, Electronic Arts, Ubisoft und weitere ihre eigenen Formate. Und auch das „Summer Game Fest“ des kanadischen Videospiel-Journalisten Geoff Keighley, welches nur digital stattfindet, vermag es, mehr Zusagen und Präsentationen auf sich zu vereinen, als die Messe in Los Angeles.
Ob es im kommenden Jahr wieder eine E3 geben wird, ist ungewiss. Man wolle der Branche zuhören und sich nach ihren Bedürfnissen richten, sagte ESA-Chef Pierre-Louis. „Wir würden uns freuen, bliebe die E3 eine Plattform für Austausch und Marketing.“ Aber für den Moment konzentriere man sich darauf, für die Anliegen der Videospielbranche zu werben. Eine konkrete Antwort blieb Pierre-Louis schuldig.
Geringe Strahlkraft nach Deutschland
Die deutsche Spielbranche scheint derweil entspannt. „Die E3 war bisher auch für viele deutsche Games-Unternehmen ein fester Termin im Kalender“, sagte Felix Falk vom Branchenverband Game der F.A.Z. „Im Mittelpunkt stand dabei häufig das internationale Networking. Mit dem Aus der E3 für dieses Jahr fehlt dieser Termin leider.“
Das sei zwar schade, aber nicht erfolgskritisch, erklärte Falk. Neben der E3 gebe es noch andere internationale Plattformen, die zur Vernetzung genutzt werden können. So nannte Falk die soeben beendete Games Developer Conference in San Francisco und die Kölner Gamescom im August.
Keine Auswirkungen auf die Gamescom
Letztere, vom Game-Verband mitorganisierte Messe dürfte von der E3-Absage kaum beeinflusst werden. „Durch den viel breiteren Ansatz der gamescom, die alle Teile der Games-Kultur und ihres Ökosystems adressiert, steht das weltgrößte Games-Event deutlich stabiler da.“ Die Gamescom richtet sich nicht nur an Fachbesucher, sondern versteht sich selbst auch als Treffpunkt der gesamten Videospielgemeinschaft. Publikumswettbewerbe und Diskussionsveranstaltungen stehen neben der Präsentation von Spieleneuheiten auf dem Terminplan.
Das scheint ein besseres Verkaufsargument für Aussteller zu sein. In der Frühbucherphase habe es jetzt schon 10 Prozent mehr Anmeldungen von Ausstellern gegeben als im Vorjahr, sagte Falk. Darunter auch Aussteller, die im vergangenen Jahr ferngeblieben waren.