Zerlegbare E-Gitarren : Der Musikknochen für unterwegs
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The Bone zerlegt Bild: Hersteller
Pianisten beneiden Gitarristen ob ihres vergleichsweise wunderbar transportablen Instruments, das man überall einfach mitnehmen kann. Doch für manche Wege ist selbst das zu groß. Für solche Fälle gibt es eine Lösung: zerlegbare Gitarren.
Pianisten beneiden Gitarristen ob ihres vergleichsweise wunderbar transportablen Instruments, das man überall einfach mitnehmen kann, sei es an lauen Sommerabenden in den großstädtischen Park, zum Chillen an den Baggersee, zum Zelten oder in den ganz normalen Urlaub. Doch nicht nur zur Sommerszeit ist es praktisch, sein Instrument einfach dabeihaben zu können, nein, auch im Winter, wenn es schneit und mit Freunden gejammt wird, oder auf Geschäftsreisen. Ja, richtig gelesen, auf Geschäftsreisen, auch wenn einem dort mit hoher Wahrscheinlichkeit noch nie jemand mit der Gitarre unter dem einen und dem Aktenkoffer unter dem andern Arm begegnet ist - es sei denn unerkannt mit einer The Bone von Triff Guitars, dem Musikknochen der anderen Art.
Es gibt nämlich Gitarristen wie Sand am Meer, jedenfalls deutlich mehr als beispielsweise Bassisten oder Oboisten. Und darunter viele Hobbymusiker, die beruflich Geschäftsreisen unternehmen und deshalb nicht nur weniger Zeit zu Hause, sondern auch lange Abende im Hotel verbringen. So ist es keineswegs unwahrscheinlich, dass abends der Nachbar im Hotelzimmer nebenan gerade den Carlos Santana gibt, die neue Interpretation eines Dylan-Klassikers einstudiert oder „my guitar gently wheeps“ auch ohne Pilzkopf ertönt - und man davon nichts hört.
Denn der Musikknochen ist eine elektrische Gitarre (E-Gitarre), die man auch mit einem kleinen Kopfhörerverstärker und Kopfhörer spielen kann - der IGTR Waves beispielsweise ist nicht größer als eine Zigarettenschachtel und liefert einen für Übungszwecke brauchbaren Sound. Doch elektrisch ist The Bone auch, weil man eine akustische Gitarre wegen des schallverstärkenden Korpus nicht wirklich klein verpackt bekommt. Dagegen kann man bei der E-Gitarre, die im Prinzip nur aus dem sogenannten Hals mit Griffbrett und einem Brett als Korpus besteht, dieses Brett weitgehend weglassen, auch wenn es den Sound der E-Gitarre mitbestimmt.
Gelernter Maschinenschlosser, Architekt und leidenschaftlicher Gitarrist
Der Schweizer Mark C. Erismann, gelernter Maschinenschlosser, Architekt und leidenschaftlicher Gitarrist, war nicht der Erste, der auf die Idee kam, eine Gitarre zu bauen, die nur aus einem verlängerten Hals und einem ansteckbaren Rahmen besteht, um die Gitarre spielgerecht halten oder umhängen zu können. Yamaha zum Beispiel hat die Serie der sogenannten Silent Guitars im Programm. Doch die Bauart der Silent Guitar mit dem typischen Kopf einer akustischen Gitarre und dem nur halb abnehmbaren Rahmenkorpus, Nylonsaiten und dem immer etwas kühl klingenden Piezo-Tonabnehmer war Erismann zu groß. The Bone hat deshalb Stahlsaiten und magnetische Tonabnehmer, je nach Modell einen oder zwei, wie eine richtige E-Gitarre. Zwei patentierte Detaillösungen sorgen dafür, dass The Bone zerlegt richtig klein wird: Der Rahmen mit Namen Body Clip besteht aus zehn Millimeter dünnen, gebogenen, rostfreien Stahlrohren und lässt sich wie die Zeltstangen von Leichtzelten zerlegen - mit einer Gummischnur im Inneren, die alle Teile immer beisammenhält. Befestigt wird der Body Clip einfach mit zwei Rändelschrauben auf der Rückseite des Bone.
Und das zweite Detail: Den Kopf am oberen Ende des Halses, in dem sonst die Saiten gespannt und gestimmt werden, hat Erismann durch eine ausgetüftelte Mechanik am unteren Ende des Bone ersetzt. Nur deswegen kann The Bone so kurz gebaut werden, kaum länger als die Länge der schwingenden Saiten zwischen dem Sattel am oberen Ende des Griffbretts und dem Steg unten. Dieses Maß heißt Mensur, und The Bone hat trotz Minimalisierung die normal übliche Mensurlänge (630 Millimeter), weshalb die linke Hand auf dem Griffbrett die gewohnten Abstände findet.
Man hat The Bone gut im Griff
Wir haben zwei Modelle ausprobiert. Das neue Einstiegsmodell The Cruiser I (520 Euro) ist zugleich das kleinste mit dem geringsten Packmaß (67,5 × 10 × 5 Zentimeter, 1,2 Kilogramm). Es hat einen Tonabnehmer (von Schaller) und einen festen Steg wie bei einer akustischen Gitarre. Der neugeformte Helixrahmen ist kompakter als der alte, trotzdem hat man The Bone damit gut im Griff, im Sitzen wie im Stehen. Das Spitzenmodell B 300-Stage (998 Euro) ist kaum größer (70 × 9 × 5 Zentimeter), sein Metallsteg mit individueller Saitenauflage ist in Höhe und Mensur einstellbar. Wie bei der „normalen“ E-Gitarre gibt es zwei Tonabnehmer, die in diesem Fall extra für The Bone angefertigt sind (Humbucker mit Alnico-Magneten). Beide Modelle sind ausgezeichnet verarbeitet und lassen sich sehr gut spielen - wie eine „richtige“ Gitarre. Ungewohnt ist am Anfang lediglich der fehlende Kopf am Hals. Die Stimm- und Spannmechanik funktioniert gut. Nur das Saitenwechseln ist ungewohnt anders, weil die Länge der Saiten wegen des kürzeren Spannbereichs feiner angepasst werden muss.
Auch der Klang ist mehr als überzeugend. Beim Cruiser muss man hier wegen des einzigen Tonabnehmers zwar einen Kompromiss eingehen, der aber gut gelungen ist. Als Reisegitarre in dieser Preisklasse ist er absolut top und macht zum Beispiel mit dem kleinen Übungsverstärker Micro Cube von Roland richtig Spaß (24 × 23 × 17 Zentimeter, 3,3 Kilo, 99 Euro). Der bietet trotz seiner zwei Watt genügend Lautstärke für den Urlaubsjam, vor allem aber erstaunlich viel Sound. Und vielseitig ist er auch mit Kopfhörer-, Recording- und AUX-Eingang für MP3-Player sowie Netz- oder Batteriebetrieb (20 Stunden). Im Vergleich zum Cruiser ist der B 300-Stage mit den zwei umschaltbaren Humbuckern deutlich vielseitiger im Sound, wie eine normale E-Gitarre eben, und absolut bühnentauglich. Der Preisunterschied liegt in den Tonabnehmern, im Steg und in der Fertigung begründet: Der Cruiser wird aus Kostengründen in Tschechien hergestellt, der B 300 komplett in der Schweiz. Dazwischen liegt der B 200, mit verstellbarem Steg und einem umschaltbaren Humbucker (859 Euro). Let's jam, wo immer du gerade bist.