Stiftung Warentest : Der Streit über den E-Bike-Test geht weiter
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Tiefeinsteiger-Modell Flyer C5R Deluxe, das teuerste der getesteten Elektroräder Bild: Hersteller
Die Stiftung Warentest hat sich öffentlich mit ihren Kritikern aus der Fahrradbranche auseinandergesetzt. Bei einer Podiumsdiskussion sorgte der umstrittene Test von Elektrofahrrädern abermals für Aufregung.
Die Stiftung Warentest hat sich öffentlich mit ihren Kritikern aus der Fahrradbranche auseinandergesetzt. Holger Brackemann, das für den Bereich Untersuchungen zuständige Mitglied der Geschäftsleitung der Stiftung, hat auf der Mitgliederversammlung des Branchenverbands Verbund Service und Fahrrad (VSF) bei einer Podiumsdiskussion den umstrittenen Test von Elektrofahrrädern im Juni verteidigt.
„Mangelhafte Produktqualität der Stiftung Warentest“ attestierte der VSF-Vorsitzende Albert Herresthal im Hinblick auf den Test, der im Frühsommer die Nachfrage nach - bestimmten - Elektrofahrrädern „binnen 24 Stunden um 90 Prozent“ hatte absacken lassen. Panikmeldungen unter anderem von Rahmenbrüchen, Bremsversagen und Funkstörungen seien von Massenmedien in die Welt posaunt worden. Richtigstellungen, zu denen sich die Stiftung genötigt gesehen habe, seien nur mit großem zeitlichen Abstand im Kleingedruckten des Online-Auftritts erfolgt. „Ist das verantwortungsvolles Handeln im Sinne des Verbraucherschutzes?“, fragte Herresthal und mahnte „ehrliche Selbstkritik auf beiden Seiten“ an. Die Stimmung war trotz des großen zeitlichen Abstands zum Auslöser der Kontroverse bei der Podiumsdiskussion von Anfang an geladen.
Brackemann traf bei der Diskussion in der Evangelischen Akademie von Bad Boll unter anderem auf Kurt Schär, Geschäftsführer der schweizerischen Biketec AG, einem der führenden Hersteller von Elektrorädern. Ausgerechnet dessen Tiefeinsteiger-Modell Flyer C5R Deluxe, noch dazu das teuerste der getesteten Elektroräder, war im Juni nach Rahmenbrüchen als mangelhaft bewertet worden. Hatte es zunächst in der Zeitschrift „test“ geheißen, es sei zum Bruch eines Ausfallendes (das Rahmenteil, in dem die Nabenachse befestigt wird) am Hinterrad gekommen, stellte die Stiftung später zu ihrer Verteidigung Rahmenbrüche im Bereich des Tretlagers als Grund der Abwertung dar.
Denn nach monatelangen Untersuchungen, in denen von den schlecht weggekommenen Unternehmen versucht wurde, die Testergebnisse der Stiftung zu reproduzieren, hatten im Oktober die Biketec AG, die Derby Cycle AG (Hersteller unter anderem der Marken Kalkhoff und Raleigh) sowie Bosch eBike Systems als Hersteller von angeblich den Funkverkehr störenden Elektroantrieben der Stiftung grobe Fehler bei der Durchführung und Interpretation ihrer durch externe Institute vorgenommenen Tests vorgeworfen.
Diese Vorwürfe erneuerte Schär: Es gäbe keinen einzigen Praxisfall des Schadensbildes, den die Tester der Stiftung mehrfach erzielt haben wollten. Brackemann hingegen warf die Frage auf, wie eigentlich bei den Schweizern Zulieferteile wie die Ausfallenden auf ihre Qualität untersucht würden. Schär bekräftigte, es werde keine Nachbesserung des Rahmens geben; regelmäßig untersuche man jede Charge mit einer um 70 Prozent gegenüber der EU-Norm erhöhten Beanspruchung.
Dass die EU-Norm nicht mehr als „Mindestanforderungen“ enthalte, war einer der wenigen Punkte, in dem sich die Stiftung und ihre Kritiker aus der Fahrradbranche einig sind.
Mehr Fahrrad-Know-how
Außer Schär und Brackemann saßen diskutierend auf dem VSF-Podium Dirk Zedler, Diplomingenieur und Geschäftsführer des Zedler Instituts für Fahrradsicherheit und Dietrich Sudikatis, Geschäftsführer des Fahrradfachgeschäfts Radgeber Linden in Hannover. Der schilderte, dass unmittelbar nach Veröffentlichung des Tests, die von verschiedener Seite als „reißerisch“ kritisiert wurde, eine Kundin ihr Elektrorad habe zurückgeben wollen, weil sie der Ansicht war, der Test der Stiftung habe ergeben, solch ein Fahrzeug dürfe gar nicht verkauft werden.