Frohes Schaffen! : So arbeitet man bei Microsoft und Google
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Arbeiten, wo andere schwimmen gehen: Bei Google fehlt allerdings das Becken. Bild: Marco Dettweiler
Warum bewerben sich so viele Informatiktalente bei Google und Microsoft? Ein Grund könnte schlichtweg die tägliche Umgebung sein. Ein Besuch in zwei unterschiedlichen Arbeitswelten.
Wer bei Microsoft in Deutschland für immer seinen Schreibtisch räumen muss, kann sich glücklich schätzen. Dann wartet nicht die Arbeitsagentur, sondern ein ungewöhnlicher Arbeitsplatz in der neuen Zentrale in München Schwabing. Von den 1900 Mitarbeitern, die Ende des vorigen Jahres umgezogen sind, hat fast keiner mehr einen festen Schreibtisch. Jeden Morgen müssen sich die Angestellten erst einen freien Platz in dem 26 000 Quadratmeter großen Gebäude suchen. Die Heimatlosigkeit im Arbeitsalltag ist Teil eines Konzeptes, das Microsoft über zwei Jahre lang in Zusammenarbeit mit einem Fraunhofer-Institut entwickelt hat. Der Verlust des eigenen Schreibtisches soll ein Gewinn für den modernen Mitarbeiter sein.
Es darf übrigens auch zu Hause gearbeitet werden. Homeoffice hat den gleichen Stellenwert wie der Gang ins Büro. Microsoft macht keine Vorschriften, wer wo wie lange in der Zentrale seinen Teil zur Zukunft des amerikanischen Unternehmens beiträgt. Einzige Vorgabe der Geschäftsführung: Der tägliche Job muss erledigt werden. Microsoft-Chefin Sabine Bendiek nennt dies die „neue Welt des Arbeitens“ und schiebt hinterher: „Das klingt nach großen Worten, ist aber wirklich wahr.“ Das traditionelle Bürokonzept passe nicht in die digitale Welt, feste Schreibtische gebe es nicht mehr.
Der Computer mit Internetzugang ist die Voraussetzung, und auch die einzige, für das grenzenlose Arbeiten. Praktischerweise entwickelt Microsoft selbst seit vielen Jahren die dafür notwendige Software. Die Angestellten greifen erwartungsgemäß auf die Produkte aus dem eigenen Haus zurück. Neben den klassischen Officeprogrammen wie Outlook, Word, Excel und Powerpoint, die in der Bürowelt der Standard sind, kommen „One“-Produkte wie Drive für den Datenaustausch oder Note als digitales Notizbuch hinzu. Mit Skype wird telefoniert und gechattet.
Und selbst auf der Hardware findet sich das Microsoft-Logo. Für das mobile Arbeiten verteilt die Personalabteilung die Hybrid-Notebooks Surface und Surface Book. In den Besprechungsräumen hängt der Surface Hub, ein berührungsempfindlicher, in 4K auflösender Bildschirm in Größen von 55 oder 84 Zoll, mit Windows 10 als Betriebssystem, ausgestattet mit Kameras und Mikrofonen. Der Hub ist zugleich auch ein Whiteboard, also eine digitale Tafel, welche die handschriftliche Eingabe mit Stift erkennt. Der Hub versteht den Standard Miracast, so dass Mitarbeiter ihre Inhalte vom Notebook, Tablet oder Smartphone kabellos übertragen können.
Etwa 800 Kilometer nördlich von München, in Hamburg, hat ein anderes großes amerikanisches Unternehmen seine Deutschland-Zentrale. Google hat dort in einem zehnstöckigen Gebäude in der ABC-Straße neun Stockwerke gemietet. 500 Mitarbeiter steuern hier die Geschäfte des Internetgiganten. In den Großraumbüros auf den Bürostühlen hängen Jacken, auf den Schreibtischen stehen leere Tassen, Becher und Brauseflaschen. Die Rollcontainer sind mit Kekstüten, Taschentüchern und anderen privaten Dingen belegt. An den Monitoren hängen eigene Kopfhörer und kleben Post-its. Manche Mitarbeiter brauchen zwei Monitore, eine Tastatur und ein Notebook. Anderen reicht die Kombination aus Laptop und zweitem Bildschirm. Jeder hat seinen eigenen Schreibtisch. Das ist nur ein Unterschied zu Microsofts Zentrale in München. Verlässt man die Hauptarbeitszone, wird es bei Google bunt, witzig und thematisch.
Für die konkrete Umsetzung ist Jason Harper verantwortlich. „Die Zentrale in Hamburg habe ich gebaut“, sagt der Architekt. Der Mann im Kapuzenpulli meint natürlich die Inneneinrichtung. Auch die europäischen Zentralen in Zürich und Dublin hat er geplant. Die Stockwerke haben jeweils ein Thema. Besprechungsräume sehen mal aus wie ein Fernsehstudio mit Weltkarte an der Wand, ein Stadion mit einer Decke voller Fußbälle oder eine Kajüte mit runder Holztür. In der Kaffeeküche hängen Regenschirme von der Decke, auf dem nachempfundenen Sonnendeck lädt eine Hängematte ein, man kann zur Entspannung in einem Becken mit Schaumstoffwürfeln liegen und in Designersesseln Computerspiele wie Fifa 17 spielen. Hintergrundgespräche führen Mitarbeiter auf Startblöcken eines angedeuteten Schwimmbads, oder sie schreiben in einem stilisierten Ruderboot auf ihrem Notebook.