Verwertung von Wasserstoff : Eine Alternative zum Koksen
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Direktreduktionsanlage in Texas: Hier wird mit Gas Eisenschwamm hergestellt, der zu Stahl weiterverarbeitet werden kann. Bild: Voestalpine
Was macht man am besten mit aus Strom erzeugtem Wasserstoff? Bald soll er dazu dienen, den hohen CO2-Ausstoß der Stahlerzeugung zu vermindern.
Manch gute Idee leuchtet auf den ersten Blick ein, aber die Schwierigkeiten zeigen sich dann, wenn sie für den Gebrauch in der Praxis umgesetzt werden soll. So geht es der als „Power to Gas“ bekannten Strategie, mit elektrischem Strom, der gerade keinen Abnehmer findet, durch Elektrolyse den vielseitig verwendbaren Energieträger Wasserstoff herzustellen. Allerorten sprießen Pilotanlagen aus der Erde, deren größte seit knapp drei Jahren in Mainz Wasser aufspaltet.
Neben den Tücken der Erzeugung – geforscht wird unter anderem daran, wie moderne Elektrolyse-Anlagen auf ein schwankendes Stromangebot reagieren – stellt sich am Ende des Prozesses die Frage: Wohin mit dem Wasserstoff?
Naheliegend ist der Gedanke, ihn ins Gasnetz einzuspeisen, schließlich gab es früher einmal Stadtgas, das zu mehr als der Hälfte aus Wasserstoff bestand. Aber die heutigen Verbraucher kommen damit nicht mehr zurecht, so dass der Anteil nach den bisherigen Erkenntnissen auf höchstens fünf Prozent beschränkt sein wird. Anderweitige Verwendung erfordert einen Transport auf Verkehrswegen, dafür muss das leichte Gas stark komprimiert werden – bis zu 700 bar im Tank des Brennstoffzellenautos.
Wasserstoff dort verbrauchen, wo er entsteht
Für den Einsatz in der Industrie, etwa zur Erzeugung von Dünger und in Raffinerien, werden 600 Milliarden Kubikmeter jährlich gebraucht, sie entstehen aber fast völlig aus fossilen Energieträgern, dabei wird CO2 freigesetzt. Noch nicht einmal fünf Prozent steuert die Elektrolyse bei. Im industriellen Maßstab ist sie mit konventioneller Technik bisher auf Strom angewiesen, der nicht nur billig, sondern auch kontinuierlich verfügbar ist.
Das soll sich jetzt ändern. Der Plan ist, den Wasserstoff mit modernen Elektrolyseuren herzustellen und direkt dort zu verbrauchen, wo er entsteht, um CO2-Emissionen einzusparen. Das geht zum Beispiel in der Stahlerzeugung, wo das Gas dazu dienen kann, den Einsatz von Koks zu vermindern. Ein Pilotprojekt entsteht gerade in Österreich, Träger ist ein Konsortium aus dem Stahlkonzern Voestalpine, Siemens, dem Energieversorger Verbund sowie dem Netzbetreiber APG und Forschungsinstitutionen. Mitte nächsten Jahres soll der Elektrolyseur am Voestalpine-Firmensitz Linz in Betrieb gehen, am Investitionsvolumen des Projekts „H2Future“ von 17,8 Millionen Euro beteiligt sich die EU mit 12 Millionen.
CO2-Ausstoß bis 2050 um 80 Prozent reduzieren
Für die energieaufwendige Stahlerzeugung ist die CO2-Verminderung ein notwendiges Ziel, sie steuert etwa vier Prozent zur Gesamtemission der EU von 4,3 Milliarden Tonnen im Jahr bei. Noch immer ist Stahl das bei weitem wichtigste Metall, weltweit werden rund 1,7 Milliarden Tonnen hergestellt, etwa ein Zehntel davon in der EU.
Zur Verminderung des CO2-Ausstoßes gibt es eine Reihe europäischer Forschungsvorhaben, die Erkenntnisse darüber bringen sollen, mit welchen Verfahren künftig zumindest ein Teil der Emissionen vermieden werden kann. „Eine völlig CO2-freie Stahlerzeugung wird es in den nächsten 30 Jahren realistischerweise nicht geben“, sagt Wolfgang Eder, der Vorstandsvorsitzende von Voestalpine. Sein Unternehmen strebe aber langfristig – bis etwa 2050 – eine entsprechend den Klimazielen markante Reduktion des Ausstoßes um bis zu 80 Prozent an.
Zwei Millionen Tonnen Eisenschwamm pro Jahr
Das ist kein leichtes Unterfangen, denn für die Produktion von Roheisen im Hochofen wird viel Koks gebraucht. Dort wird er im Wechsel mit Eisenerz geschichtet und erfüllt mehrere Funktionen: Er sorgt für eine luftdurchlässige Struktur, liefert im Verbund mit eingeblasener heißer Luft Energie für die zum Schmelzen erforderlichen hohen Temperaturen von mehr als 2100 Grad Celsius und dient als Reduktionsmittel für das Eisenerz; dessen wesentlicher Bestandteil ist Eisenoxid, das in diesem Prozess Sauerstoff abgibt (Reduktion), unten im Hochofen sammelt sich kohlenstoffhaltiges flüssiges Eisen. Nach oben entweicht aus dem Ofen Gichtgas, eine Mischung mit hohem Anteil an Kohlenmonoxid (CO), das in einem nachgelagerten Kraftwerk zu CO2 verbrannt wird. Weiteres CO entsteht im nächsten Verfahrensschritt, das Roheisen wird im Konverter durch Aufblasen von Sauerstoff entkohlt, außerdem werden unerwünschte Bestandteile wie Silicium, Mangan und Phosphor oxidiert und in eine Schlacke übergeführt. Auch das Abgas des Konverters landet im Kraftwerk.