Faltrad BYB ausprobiert : Aus N mach Z
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Tern BYB fahrfertig... Bild: Hersteller
Die Oberliga der Falträder besteht aus jahrzehntealten, immer mal wieder verfeinerten, aber nicht grundsätzlich veränderten Konzepten. Für das BYB erfindet Tern nun das Falten eines Rades neu.
Wenn ein Hersteller von Falträdern etwas an der Faltmechanik seiner Produkte ändert, hat das ein bisschen was von einer Zeitenwende. Schließlich ist jedes Faltrad die Verheißung, nun sei der ultimativ geniale Weg gefunden, wie man blitzschnell aus dem doch ziemlich sperrigen Gegenstand Fahrrad ein handliches Paket für Busse und Bahnen oder die Besenkammer machen kann.
Und so besteht die Oberliga dieses Fahrradtyps aus jahrzehntealten, immer mal wieder verfeinerten, aber nicht grundsätzlich veränderten Konzepten – um nur zwei Namen zu nennen: das Birdy von Riese und Müller und das Brompton. Mit dem so genannten N-Fold werden auch die zahlreichen Modelle der Marke Tern prinzipiell gleichartig geschrumpft. Seit 2011 zielt Joshua Hon, Sohn des Dahon-Gründers David, auf Kunden, die mehr auf die Qualität der Räder als den Preis des von Dahon dominierten Massenmarkts achten. Nun aber kommt von Tern mit dem BYB (Bring your Bike) ein Rädchen, das ganz anders gefaltet wird als die bisherigen Seeschwalben (tern, englisch für Küstenseeschwalbe).
Der N-Fold ist ein einfacher Klappvorgang: Vorderer und hinterer Teil des Rahmens werden an einem zentralen Scharnier gegeneinander gefaltet, und dagegen wird das herumgedrehte Vorderrad mit nach unten umgeknicktem Steuerrohr gedrückt. Das ist vergleichsweise simpel und geht wirklich flink. Aber trotz eines kleinen Gummi-Straps zur Fixierung der Lenksäule und Magneten, die Vorder- und Hinterrahmen gefaltet beieinanderhalten sollen: Das dabei entstandene Paket hat immer wieder die Tendenz aufzugehen. Das genau ist der Punkt, an dem sich die teuren Falt- und die billigen Klappräder von vor 50 Jahren unterscheiden: Der bevorzugte Biotop dieser Zentralscharnier-Ungetüme war der Autokofferraum. Sie wurden gefaltet nur hinein- und herausgehoben. Das Faltrad hingegen soll bequem über den Bahnsteig bugsiert werden können oder im Gepäckstellplatz eines ICE verschwinden.
Deshalb ist der wichtigste Punkt am neuen Tern BYB: Es lässt sich bequem aufrecht gehend und ohne es zu tragen wie ein Koffer-Trolley ziehen und schieben, geradeaus, genauso wie um Kurven oder über eine Rolltreppe. Und es steht kippsicher neben einem. Aus dem N-Fold ist ein doppelter Faltvorgang, der einem Z ähnelt, um zwei Drehpunkte im Rahmen geworden. Die Verriegelungen sind zwar die gleichen, wie man sie von bisherigen Tern-Modellen kennt, aber die Achsen der Scharniere sind ziemlich trickreich gegeneinander verwinkelt. So entsteht nach Abzug des linken MKS-Pedals, das unverlierbar seinen Platz in einem Bajonett auf einer Hinterbaustrebe findet, ein hochformatiges Paket, das sich am Lenker ergreifen lässt. Gefaltet wird das BYB von einer einrastenden Ankerschraube zusammengehalten, die man mit einem Hebeldruck in der Nähe der Hinterradnabe öffnen muss, wenn das Rad wieder entfaltet werden soll.
Nach dem ersten, doppelten Faltvorgang steht das BYB auf seinem hinteren Gepäckträger und lässt sich auf dessen serienmäßigen um 360 Grad drehbaren Rollen bewegen. Der Träger bietet hinten Platz für zwei Standard-Vorderradtaschen, etwa von Ortlieb. In einem weiteren Schritt wird dann die Lenksäule für den Transport abgenickt. Weil immer wieder darüber diskutiert wird, von welcher Ecke zu welcher wohl die Prospektmaße eines Faltrades gemessen wurden, hier die Maße des als Zubehörs (320 Euro) erhältlichen Hartschalenkoffers für den Lufttransport: rund 86 × 53 ×33 Zentimeter (Breite, Höhe, Tiefe). Ein „Pop Cover“: eine Hülle für knapp 50 Euro, die neben dem Hinterrad immer dabei sein kann und sich selbsttätig so entfaltet, dass das BYB auch in abgedecktem Zustand bewegt werden kann, ist auch nützlich.
In der Acht-Gang-Variante wiegt das BYB 15 Kilogramm, es fährt sich auf seinen 20-Zoll-Rädern stabil. Vor allem die Schwäche anderer Falträder, das schwammige Gefühl durch eine zu flexible Lenksäule, war auf einer Proberunde nicht zu bemerken. Mit dem zweifach ausziehbaren Sitzrohr und einem in Höhe und Weite veränderbaren Lenkervorbau, wie bei Tern üblich, passt das BYB Menschen von 1,50 bis 1,95 Meter. Es kommt als P8 mit einem Basispreis von rund 1200 Euro mit Acht-Gang-Kettenschaltung und als S11 für rund 2300 Euro vom Juli an in den Fachhandel.