Espressomaschine im Test : Mit Druck richtig umgehen können
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Bild: Andreas Brand
Wer einen guten Espresso trinken will, braucht auf jeden Fall eine Siebträger-Maschine. Doch die Auswahl ist groß, die Preise reichen von 500 bis 5000 Euro. Was macht das Topmodell Vesuvius aus?
Es geht hier um den perfekten Espresso. Die Vesuvius von Ambientespresso hat alle Funktionen, die man dafür braucht. Sie sollte allerdings in Hände gelangen, die wissen, was sie tun. Wer die Hebel in Bewegung setzt, hat die Kaffeebohnen bereits in einer guten Mühle gemahlen. Dieses Vorgehen gilt grundsätzlich für jede Siebträgermaschine. Die Vesuvius wartet aber mit einer Funktion auf, die man normalerweise nur bei professionellen Maschinen mit mehreren Brühköpfen findet, die in Cafés oder guten Restaurants stehen und so viel wie ein Kleinwagen kosten. An ihr lassen sich verschiedene Druckprofile einstellen.
Das Wasser schießt bei Haushaltsmaschinen in der Regel mit einem Druck von 10 bis 12 bar für etwa 25 Sekunden durch das Kaffeemehl. Der Druck ist festgelegt. Es lassen sich bei dieser Art lediglich vier Parameter beeinflussen: wie fein das Pulver gemahlen wird, welche Menge man verwendet, wie fest man das Mehl im Sieb anpresst und welche Bohnen man auswählt.
Bohnen kommen aus verschiedenen Regionen, damit schmecken sie - unabhängig von der Röstung - unterschiedlich. Manche haben eine fruchtige Note, so dass es gilt, diese bei der Zubereitung nicht noch mehr zu betonen, sondern etwas herauszunehmen, weil viele „fruchtig“ als „säuerlich“ empfinden. Generell sollte man die Bitterstoffe im Griff haben, damit diese den Geschmack nicht zu stark prägen. Daher haben professionelle Espressomaschinen mehrere Druckprofile, um unterschiedliche Bohnensorten verschieden behandeln zu können.
Die Vesuvius speichert bis zu fünf Druckprofile. Jedes besteht aus sieben Zeitintervallen, denen ein Druck zugeordnet ist. So könnte zum Beispiel ein Brühvorgang beginnen mit 3 bar für 7 Sekunden, dann 11 Sekunden lang aufsteigend auf 10 bar, um dann wieder abzunehmen. Das Kaffeemehl wird also erst einmal mit wenig Druck angefeuchtet (Preinfusion), dann presst sich das Wasser mit hohem Druck hindurch, der dann allmählich abnimmt. Wie deutlich man durch die Anpassung des Druckprofils - unter Berücksichtung der anderen Parameter - den Geschmack des Espresso beeinflussen kann, ließen wir uns im Espresso-
Store Frankfurt von Wolfram Sorg zeigen, der vor drei Jahren deutscher Barista-Meister wurde. Das Ergebnis war beeindruckend. Auf dem Weg zum perfekten Espresso dosierte Sorg die Fruchtigkeit so, dass sie nicht aufdringlich wirkte, und arbeitete am Körper des Espresso so lange, bis er schön vollmundig war. Hat man also für die Bohne das passende Druckprofil herausgefunden, speichert man es. Die nächste Sorte bekommt dann wieder ein anderes. Es gibt übrigens Profi-Maschinen, wie etwa die Strada EP von La Marzocco, an denen man den Druck manuell während des Brühens einstellen und abspeichern kann. Sie ist unter Kennern zu einem Referenzgerät geworden.
Nun ist diese Arbeit mit Druckprofilen eine Epresso-Zubereitung auf höchstem Niveau. An den restlichen Funktionen der Vesuvius lässt sich zeigen, was eine Siebträgermaschine auf jeden Fall haben sollte. So hat sie ein Dual-Boiler-System. Ein Kessel ist für den Espresso zuständig, ein anderer für den Wasserdampf, um Milch für einen Cappuccino zubereiten zu können. Selbstverständlich ist auch eine E61-Brühgruppe verbaut, die im semi-professionellen Bereich Standard ist. Ein Merkmal der E61 ist, dass sie ein Mini-Druckprofil hat. Sie nässt das Pulver erst ein, damit der Kaffee aufquillen kann, um wenige Sekunden später mit richtig Druck das Wasser durchzudrücken.
Nicht so häufig verwenden Hersteller eine Milchaufschäumdüse, wie sie die Vesuvius aufweist. Sie hat ein doppelwandiges Rohr, so dass man sich an ihm zum einen nicht verbrennen kann und zum anderen aufgrund der niedrigen Temperatur nicht sofort die Milch festklebt. Bei vielen Profimaschinen ist es notwendig, nach jedem Cappuccino die Düse sofort mit einen feuchten Tuch zu reinigen. Der doppelwandige Aufbau hat allerdings den Nachteil, dass gerade am Anfang der Wassergehalt des Dampfes etwas höher ist.
Das Design der Maschine ist klassisch und unterscheidet sich wenig von Modellen der Marken ECM, Rocket, Vibiemme oder Rancilio. Die hellen Holzelemente an den Griffen fallen auf, sind im täglichen Umgang aber anfällig, weil sie eher verkratzen als Elemente aus schwarzem Hartplastik. Wenig durchdacht sind die Maße des Gitters, auf dem die Tassen abgestellt werden. Da der eine Teil des Auslaufs fast mit der Außenkante des Gitters abschließt, steht die zweite Tasse immer knapp am Rand.
Ebenfalls zur Standardausrüstung bei Maschinen dieser Preisklasse gehört die Wasserbefüllung des Boilers, indem man sie direkt an einen festen Wasseranschluss anklemmt. Alternativ steht ein herausnehmbarer Wassertank zur Verfügung. Hinreichend viele Tassen finden auf der beheizten Abstellfläche auf dem „Dach“ der Maschine Platz. Wie nicht anders zu erwarten, macht die Rotationspumpe ein angenehmes, leises Geräusch. Weil das Display klein und zurückhaltend gestaltet ist, fügt es sich in die mechanische Anmutung.
Die Oberfläche des Mini-Bildschirms ist berührungsempfindlich. Das Einstellen der Druckprofile macht etwas Mühe, weil die Einheiten Sekunden und Bar nicht direkt ausgewählt können. Es beginnt immer bei null, so dass man in kleinen Schritten hochzählen muss. Während das Wasser durch das Pulver gepresst wird, zeigt das Display den tatsächlichen Druck in Bar an, der von dem voreingestellten abweichen kann.
Die Vesuvius kostet 5000 Euro. Das ist viel Geld für eine Siebträgermaschine, die man in dieser Klasse ohne Druckprofil-Einstellung ab 2000 Euro bekommt. Auch mit diesen Geräten lässt sich ein hervorragender Espresso und sehr guter Cappuccino zubereiten. Es ist allerdings wenig Geld für eine solche Ausstattung, weil derartige Geräte eigentlich nur im Profibereich jenseits von 10 000 Euro zu finden sind. Es bleibt die Frage, was einem ein exzellenter Espresso wert ist.