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Renault Koleos : Koreanisch-japanischer Eintopf aus Paris

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Der 4,52 Meter lange Koleos setzt auf weiche Formen

Der 4,52 Meter lange Koleos setzt auf weiche Formen Bild: Hersteller

Renault leiht sich die Technik für das SUV Koleos bei Nissan, gebaut wird es in Korea. Eine erfolgreiche Mischung sieht anders aus.

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          Die Schärfe eines pikanten Kim-Chi-Salats fehlt ihm, trotz seiner Herkunft aus dem fernen Asien. Der Koleos, seit 2008 Renaults später und nun aufgefrischter Beitrag zur SUV-Riege, gibt den charmanten Globetrotter und will seine Passagiere mit Sanftmut auf weite Reisen mitnehmen. Die müssen mindestens 28990 Euro dafür investieren. Wer jedoch die Traktionsstärke eines Allradantriebs schätzt und einen aus Verbrauchsgründen in dieser Fahrzeugklasse dringend angeratenen Diesel wählt, muss dem Renault-Händler 30490 Euro geben. Das Automatikgetriebe mit sechs Stufen und die empfehlenswerte Ausstattung Night & Day treiben den Preis schließlich auf 34490 Euro. Dafür gibt es einen Selbstzünder mit vier Zylindern, 2,0 Liter Hubraum, 110 kW (150 PS) nebst einem üppigen Komfortangebot.

          Der 4,52 Meter lange Koleos setzt auf weiche Formen. Kanten und Falze der Karosserie spielen mit Radien, Ecken haben die Designer sorgsam abgerundet. Fast spitz wölbt sich die Frontpartie nach vorn, als würde sie von der Sehnsucht nach der Ferne getrieben. Innen empfängt er seine Passagiere mit einer eher durchschnittlichen Gestaltung, die Materialien wirken immerhin sorgfältig ausgesucht und sortiert. Etwas Klavierlack hier, ein paar Chromringe dort, die Schminke ist für einen Mann von Welt nicht zu dick aufgetragen.

          Fast spitz wölbt sich die Frontpartie nach vorn Bilderstrecke
          Fast spitz wölbt sich die Frontpartie nach vorn :

          Dafür aber leistet sich der Koleos in der Bedienung einige Schrulligkeiten. Willkürlich verteilt sind die Knöpfe am Armaturenbrett; weil der Platz nicht ausreichte, wurde die Steuerung des serienmäßigen Navigationssystems auf die Mittelkonsole verlegt. Dort ist sie zwar leicht zu erreichen, aber nicht intuitiv zu bedienen. Zudem muss der Blick des Fahrers immer einen langen Weg nehmen zwischen dem in passabler Höhe positionierten Farbbildschirm der Wegweisung und den Tasten im Unterhaus. Noch ein Beispiel? Wer mit dem großen, zentralen Drehsteller der serienmäßigen und mit Lautsprechern von Bose bestückten Audioanlage die Lautstärke reduzieren will, geht meist unbeabsichtigt auf Sendersuche. Er müsste stattdessen einen vergleichsweise winzigen Knopf daneben bedienen. Die dunklen Farben des Interieurs kompensiert ein großes, zweiteiliges Panoramadach, das viel Licht herein lässt. Rollos verschließen es bei Bedarf elektrisch.

          Die Raumverhältnisse sind anständig. Die Rückbank ist zwar hart gepolstert, aber da es genügend Platz und Bewegungsfreiheit gibt, überstehen selbst zwei Großgewachsene längere Fahrten. Die Sitze vorn sind weicher, der Fahrer bringt sich mit elektrischer Unterstützung in die richtige Position. Die Temperierung des Innenraums (Klimaautomatik) dauert bei Kälte einige Zeit. Auch muss man die Temperatur höher einstellen als gewohnt, um sich wohl zu fühlen. Erst wenn beide Zonen auf 26 Grad Celsius eingestellt sind, herrscht angenehm mildes Klima im Koleos. Immerhin arbeitet die Anlage, im Vorgängermodell tat sie das nur rudimentär. Gibt es in Korea etwa keinen Winter?

          In den Kofferraum passen 450 Liter, das ist kein Volumen, mit dem man prahlen könnte. Die horizontal zweigeteilte Heckklappe bietet kaum Vorteile, erzwingt beim Verstauen des Gepäcks dagegen Distanz von der Ladefläche. Die Lehnen der Rückbank lassen sich vom Heck aus entriegeln, fallen aber nur mit Nachdruck nach vorn. Auch das Hochklappen der sperrigen Sitzflächen im Fond ist ein Kraftakt. Dafür entsteht danach ein ebener Laderaumboden, das Volumen steigt auf 1380 Liter.

          Der Diesel springt auf Knopfdruck an, die Schlüsselkarte findet derweil in einem eigenen Schlitz eine praktische Unterkunft. Er arbeitet zunächst in zurückhaltender Lautstärke, entwickelt aber jenseits von 3000 Umdrehungen in der Minute ein sattes Dröhnen. Dazu gesellen sich kräftige Windgeräusche, leise fährt der Koleos nicht. Die Automatik schaltet weich, nimmt dem Selbstzünder aber viel von seiner Dynamik. Das maximale Drehmoment von 320 Newtonmeter bei 2000/min versteckt sich im Wandler des Getriebes, spritziges Ansprechen ist der Maschine fremd. Dabei sorgte der (abschaltbare) Allradantrieb für beste Traktion. So aber vergehen 12,3 Sekunden, bis das unbeladen 1860 Kilogramm schwere SUV von 0 auf 100 km/h beschleunigt hat. Die versprochene Höchstgeschwindigkeit von 177 km/h verfehlte unser Koleos um 2 km/h. Übermäßige Zurückhaltung im Verbrauch kann man ihm auch nicht nachsagen. 6,6 bis 8,9 Liter Diesel verlangte er auf 100 Kilometer, unser Durchschnittswert lag bei 7,7 Liter, 0,6 Liter mehr als nach Norm. Kritikwürdig ist die geringe Anhängelast. Höchstens 1350 Kilogramm darf der Koleos mit Automatikgetriebe ziehen, das ist für einen Geländegänger wenig und empfiehlt ihn daher nicht für Caravaner.

          Das Fahrverhalten des Renault ist sicher, aber behäbig, die Lenkung schwergängig und gefühllos. Die Bremsen neigen beim Verzögern aus hohen Geschwindigkeiten zwar zum Rubbeln, bleiben aber standfest. Die sanfte Federung sorgt für einen hohen Fahrkomfort. Dazu kommen ein angemessenes Raumangebot und gutes Traktionsvermögen, was den Koleos zum angenehmen Begleiter auf Reisen macht. Gleichwohl fehlt es ihm trotz umfangreicher Ausstattung und guten Langstreckenqualitäten an Charakter und Feinschliff.

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