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Vernetzt und ausgespäht : Das Auto als Datenstaubsauger

Notebook am Steuergerät: Welche Daten liest die Autowerkstatt aus? Bild: Westend61 GmbH

Schon jetzt ist das Auto bestens vernetzt. Doch wohin fließen die Daten? Aus dem Netz ins Auto oder auch zurück zum Hersteller? Das gibt das Fahrzeug über seinen Nutzer an Dritte weiter.

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          Nicht erst das Auto der Zukunft ist vernetzt. Schon jetzt ist die Internetverbindung in vielen Fahrzeugen selbstverständlich. Mit der eingebauten Mobilfunkeinheit gelangen fortwährend Verkehrsinformationen ins Auto. Das Navigationsgerät berücksichtigt die Stauinfos bei der Routenplanung. Doch fließen die Daten nicht nur aus dem Netz ins Auto, sondern auch zurück zum Hersteller?

          Michael Spehr
          Redakteur im Ressort „Technik und Motor“.

          Ein solches Überwachungsszenario beschreibt der amerikanische Senator Edward J. Markey in seiner Studie „Tracking & Hacking“. Demnach arbeitet die integrierte Kommunikationstechnik von A wie Audi bis V wie Volvo geradezu als Datenstaubsauger. Sieben Autohersteller (Namen werden nicht genannt) räumten gegenüber dem Senat ein, dass ihre Anlagen für Navigation, Telematik, Infotainment, Notrufauslösung und Diebstahlschutz die geographische Position des Fahrzeugs speichern - und ferner auch die Zieleingaben der Navigation sowie die Standorte des geparkten Fahrzeugs.

          Fünf Autohersteller bauen Unfalldatenschreiber in die amerikanischen Modelle ein. Sie erfassen unter anderem plötzliche Geschwindigkeitsänderungen, den Lenkwinkel, das Bremsverhalten und den Status der Sicherheitsgurte. Sieben Hersteller erwähnten, dass folgende Daten im laufenden Betrieb immer erhoben werden: die Geschwindigkeit des Autos, die Fahrtrichtung, Distanzen und Reisezeiten, durchschnittlicher Kraftstoffverbrauch, Reifendruck, Status von Motor, Batterie, Klimaanlage und die Außentemperatur. Im Bericht wird behauptet, die Nutzer- und Fahrzeugdaten würden auch per Mobilfunk in Rechenzentren übertragen, wo eine Auswertung erfolge.

          Aus den Formulierungen der Markey-Studie lässt sich unschwer das Bild einer Totalüberwachung des Autofahrers zeichnen. Wohin das führen mag, zeigt die Geschichte eines Journalisten der „New York Times“, der vor zwei Jahren mit dem Tesla S unterwegs war und negativ über die eingeschränkte Reichweite des Elektrofahrzeugs berichtete. Stimmt nicht, konterte das Unternehmen Tesla: Es hatte den Wagen während der Testfahrten auf dem Radar der elektronischen Überwachung gehabt und zählte genüsslich auf, wo der Journalist in seiner Darstellung geschummelt hatte, bis hin zu Angaben über die Einstellung der Heizung.

          Ließe ein europäischer Fahrzeughersteller auf diese Weise Journalisten überwachen, wäre der Staatsanwalt nicht weit. Unfalldatenschreiber erfassen zwar permanent Daten, speichern sie jedoch nur für 30 Sekunden, um das Unfallgeschehen zu klären. Die Frage, ob der Autofahrer von moderner Bordelektronik ausgespäht wird, muss man differenzierter beantworten. Vor allem, wenn schon bald mit dem autonomen Fahren und der Car-2-Car und Car-2-X-Kommunikation die Netzanbindung noch enger wird.

          Auch in der Werkstatt ausgelesen

          Aber nicht jede Datenübertragung ist verwerflich. Unstrittig dürfte sein, dass die Diagnosesysteme viele weitreichende Fahrzeuginformationen sammeln. Dazu gehören zum Beispiel Beschleunigung, Geschwindigkeit, Motorölfüllstand oder der Verschleißzustand der Bremsbeläge. Diese im Fahrzeug gespeicherten Daten der Steuergeräte werden nicht nur zur Berechnung der individuellen Service-Intervalle verwendet, sondern auch in der Werkstatt ausgelesen.

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