Trike von Harley-Davidson : Au dreia
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Die CVO Tri Glide sieht von vorn aus wie ein Motorrad von Harley-Davidson ... Bild: Hersteller
Wir hatten eine Verabredung mit der Teuersten aller Harleys. Doch am Tag vor unserer geplanten Proberunde kam ein Kollege aus Indien vom rechten Weg ab.
Das derzeit teuerste Motorrad von Harley-Davidson – hat drei Räder. Es ist also genaugenommen gar kein Motorrad, sondern ein Trike. Beziehungsweise ein Motorrad für all jene, die nicht Motorrad fahren wollen oder können oder dürfen. Es fällt nicht um, es fährt aufrecht durch die Kurve, es heißt CVO Tri Glide und kostet 53.495 Euro zuzüglich 1260 Euro Transport- und Aufbaupauschale, summa summarum 54.755 Euro.
Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte bietet Harley-Davidson ein CVO-Sondermodell eines Trikes an. Bisher waren das immer nur Einspurfahrzeuge, seit dem Jahr 1999, als das Unternehmen die Custom Vehicle Operations in Dienst stellte. CVO nennt sich die Spezialeinheit, die Jahr für Jahr besonders aufwendig gestaltete, oft rasch ausverkaufte Maschinen in streng limitierter Auflage fertigt. Räumlich vom Rest der Produktion getrennt, montieren in den Harley-Werken speziell geschulte Mitarbeiter etwa zwei Motorräder am Tag. Jeweils eine Person ist für ein Fahrzeug verantwortlich, das an fünf Arbeitsstationen entsteht und nicht an 15 bis 25 Stationen wie im Fall der gewöhnlichen Modelle.
Vom Rest des Programms heben sich CVO-Versionen durch besonders mehrfarbige Effekt-Lackierungen, durch Materialien, technische Weiterentwicklungen und Finessen in der Ausstattung ab, die mit Zeitverzögerung manchmal den Weg ins Serienportfolio finden. Diesmal ist das beispielsweise eine Kurvenlichtfunktion im Scheinwerfer. Stets werden ausschließlich die CVO vom hubraumstärksten Motor angetrieben, den die Amerikaner zu bieten haben. 2020 ist das der 1923 Kubikzentimeter große Milwaukee-Eight 117 mit Vierventilköpfen, Doppelzündung, „High-Performance-Nockenwelle und Screamin’-Eagle-Luftfilter, der etwas mehr als hundert Pferdestärken sowie je nach Modell ein Drehmoment von rund 170 Nm lockermacht. Zum Modelljahr 2020 rollen der Supertourer FLHTKSE CVO Limited für 43.155 Euro, der Hot-Rod-Bagger FLHXSE CVO Street Glide für 40 555 Euro und ebendie CVO Tri Glide. Die teuerste Harley hat auch den längsten Modellcode von allen: FLHTCUTGSE.
Wem beim Anblick spontan ein Kentaur – vorne Mensch, hinten Pferd – in den Sinn kommt, der liegt nicht ganz falsch. Um ein Mischwesen handelt es sich auch bei der FLHTCUTGSE, die in einer limitierten Auflage produziert wird. Vorne bis zum Sattel eindeutig ein Motorrad im Stil eines Harley-Tourers mit Batwing-Verkleidung, hinter dem Sattel ein ausuferndes Hinterteil mit 215er Reifen an der Starrachse. In Deutschland erlaubt das Straßenverkehrsreglement, dergleichen mit dem Autoführerschein zu bewegen. Nicht aber in Amerika. Dort wird die Motorradlizenz verlangt. Dennoch sind Dreirädrige dort viel beliebter als hierzulande.
In den Vereinigten Staaten rangieren Trikes unter den Top 10 der meistverkauften Harleys. Dort mischen sich deren Fahrerinnen und Fahrer wie selbstverständlich unter die Motorräder, ohne das Gefühl zu haben, sich genieren zu müssen, weil sie sich ein Motorrad vielleicht nicht (mehr) zutrauen. In Deutschland scheinen echte „Biker“ beim Anblick eines Trikes zu verkrampfen und sich schwerzutun, ein Dreirad als Teil ihrer Welt zu akzeptieren.
Sollte die CVO Tri Glide, selten, wie sie ist, irgendwann irgendwo mal auftauchen, wird sie Eindruck hinterlassen. Das pompöseste Trike seit der Antike wird in zwei Farbkompositionen angeboten. Eine davon heißt „Blizzard White Pearl with Lightning Silver & Stormcloud“, die andere „Black Stardust with Magnetic Gray & Wicked Red“. Man hat also die Wahl zwischen Weiß und Schwarz. Die Weiße zeichnet sich durch Tomahawk-Räder mit „Gray Contrast Cut und Applikationen in Bright Chrome“ aus. Die Schwarze hat Tomahawk-Räder mit „Gloss Black Contrast Cut“. Feinheiten, die zählen.