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Trendsport Rudern : Komm her, Welle

  • -Aktualisiert am

Ein französischer Yole-Zweier im sportlichen Einsatz Bild: Hersteller

Eine neue Art des Ruderns könnte zum Trendsport werden. Dank breiter Boote, die Rauhwasser vertragen und ins Gleiten kommen.

          5 Min.

          Ein Sportruderboot für jedermann? Mit richtigen Auslegern und Rollsitz, aber trotzdem leicht und einfach zu bewegen, selbst von Anfängern und sogar bei Wellengang? Da werden die meisten Ruderer, zumal in den deutschen Vereinen, abwinken – das gibt es nicht. So schnell lernt das Rudern keiner! Eine gängige Regel lautet, dass kippstabile Anfängerboote immer Dickschiffe zu sein haben, schwer, behäbig, altmodisch. Es sei denn, man schaut einmal zu unseren Nachbarn: nach Frankreich, Benelux, Skandinavien.

          Dort bauen gleich mehrere Werften sehr leichte Fiberglas- oder Karbonboote, die über die Wellen gleiten können wie ein Surfboard und doch den Vorteil des Ruderboots haben, nämlich den kräftigen Anschub durch zwei Skulls und lange Hebelwirkung. Das gibt Tempo, selbst bei rauhem Wasser. Und es hat das „Coastal Rowing“ an manchen Orten populär gemacht, unter Rennruderern genauso wie unter Neueinsteigern, die damit das Rudern erlernen. Höchste Zeit für eine Probefahrt in einem dieser Skiffs, einem Einer der französischen Marke „Euro-Diffusion’s“. Die wird mittlerweile direkt in Deutschland vertrieben.

          Mit 30 Kilo Gewicht ist der „X19“ von Euro Diffusion’s leicht zu zweit von der Bootshalle bis zum Steg zu tragen, 40 oder 50 Schritte hinunter zum Wasser. Eine Sportlerin des Ersten Kieler Ruder-Clubs hilft. Aus ihrem Verein stammt das Boot. Dort gibt es neuerdings einige dieser seegängigen Modelle, der Importeur stellt sie zum Ausprobieren zur Verfügung. Sechs Meter misst das Boot, in der Mitte ist es 80 Zentimeter breit. Das ist mehr als doppelt so viel wie bei einem Renneiner, jenen Booten, die sonst in den Hallen des Kieler Klubs übereinandergestapelt liegen.

          Durchs offene Heck kann jede Welle sofort ablaufen. Bilderstrecke
          Durchs offene Heck kann jede Welle sofort ablaufen. :

          Wofür die Breite gut ist, soll sich gleich auf der Kieler Förde zeigen. Es geht ein mäßiger Westwind, ein Stück entfernt vom Ufer kräuseln sich ein paar Wellen. Die wollen wir. Und außerdem gibt es ja auch noch die klobigen Hafenfähren, die ordentlich Bugwelle schieben – da müssen wir hinein! Weiter draußen vor Kiel-Holtenau, am Eingang des Nord-Ostsee-Kanals, fahren vielversprechend große Dampfer, die für schön kabbeliges Wasser sorgen. Also schnell hin. Es soll das echte Gegenprogramm zum sonstigen Rudern sein, bei dem man alle Wellen möglichst zu umfahren versucht.

          Der X19-Einer hat einen kantigen Bugsteven, fast rechtwinklig zur Wasserlinie. Das erinnert an jene „Surfski“, die zum Trend in rauhem Wasser wurden, an ein „Epic“-Kajak zum Beispiel. Ohnehin ähneln sich die heutigen Coastal-Rowing-Boote und die langen flachen Rümpfe solcher Surfskis sehr. In der Längsansicht sind beide wie ein Keil: vorn höher, hinten flach. Der geliftete Bug des X19 soll durchs Wasser schneiden, und dahinter übernimmt der Plattboden des Boots seine Aufgabe und bringt es ins Gleiten. Im ersten ernsthaften Wassergewühl, kurz hinter einer Fördefähre namens „Strande“, klappt es dann. Kein Stampfen, sondern Surfen. Wir treiben das Boot mit den leichten Kohlefaser-Skulls beständig an, egal, aus welcher Richtung eine Welle kommt. Das Boot behält sein Tempo, schiebt sich voran, gleitet in ein Wellental hinab, bekommt Schwung für die nächste Berg- und-Tal-Fahrt, statt zwischen den Wellen festzustecken, wie es ein Verdrängerrumpf jetzt wohl täte. Jede überkommende Welle fließt sofort wieder ab, denn das Heck ist selbstlenzend.

          „Gigs“ sind die breiteren Modelle

          Spätestens nun ist klar, dass dieses Rudern rein gar nichts zu tun hat mit dem Fahren in einem üblichen Gigboot. Daran denken die meisten Rudersportler erst einmal, wenn sie vom Küstenrudern hören. „Gigs“ sind die breiteren Modelle, mit denen man bei unruhigem Wasser oder auf Wanderfahrten unterwegs ist. Auch gibt es „Seegigs“ aus Dänemark: noch schwerere robuste Holzboote mit abgedecktem Bug und Heck gegen Wellen. Hier ist das anders. Wir haben zwar auch einen breiten, geschlossenen Rumpf unterm Hintern, aber er ist leicht und wendig. Der gelb lackierte Fiberglas-Karbon-Einer reagiert auf jedes Manöver sofort, dreht wie auf dem Teller, springt auf jeden Ruderschlag an und beschleunigt. Was man auch anstellt, er steht stabil im Wasser. 80 Zentimeter lassen da eben grüßen.

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